Politik/Inland

Nur noch vier Tage pro Woche arbeiten

Stellen Sie sich vor, Sie könnten schon Donnerstagabend nach Hause gehen und die Arbeit für die Woche einstellen – weil Sie Ihr Maximum an Wochenstunden beisammenhaben; und stellen Sie sich weiters vor, Sie müssten für diesen „Frühschluss“ nicht einmal besonders mit dem Chef oder Ihrem Vorgesetzten verhandeln, sondern könnten es einfach tun – weil es das Gesetz so vorsieht.

Eine irgendwie seltsame Vorstellung?

Nicht für Renate Anderl. Als die Präsidentin der Arbeiterkammer vom KURIER vor wenigen Tagen gefragt wurde, womit sie im Jahr 2019 besonders punkten wolle, da antwortete Anderl zunächst einmal mit dem Rechtsanspruch auf die Vier-Tage-Woche. Im Handel, so Anderl, sei dieser nun rechtlich vereinbart. Und was bei den Handelsangestellten möglich sei, das könne und müsse man wohl als „Vorbild“ für ganz Österreich – und damit für insgesamt mehr als drei Millionen Arbeitnehmer – betrachten.

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Tatsächlich haben sich die Sozialpartner (Arbeitgeber und -nehmer) kurz vor Weihnachten darauf verständigt, dass im Kollektivvertrag (KV) für die Handelsangestellten ein Rechtsanspruch auf eine Vier-Tage-Woche verankert wird. Nun ist dies im Handel vergleichsweise einfacher als in anderen Branchen, weil die Quote der Teilzeit-Beschäftigten besonders hoch ist (40 Prozent arbeiten nicht Vollzeit). Und außerdem gilt der Rechtsanspruch nur dann, wenn die Abwesenheit der Belegschaft nicht den Betrieb der Firma gefährdet.

Für Arbeiterkammer und Gewerkschaft ist das im Handels-KV Erreichte aber dennoch richtungsweisend. „Der Rechtsanspruch bedeutet für rund 400.000 Arbeitnehmer eine erhebliche Verbesserung“, sagt Barbara Teiber, Chefin der Privatangestelltengewerkschaft gpa-djp. Und sie sagt auch: „Dieses Modell kann und soll jedenfalls in anderen Branchen Schule machen.“

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Die Forderung nach einer gesetzlich garantierten Vier-Tage-Woche ist mittlerweile sogar offizielle Linie der Arbeiterkammer.

Schon Ende November brachten die Vertreter der SPÖ-Gewerkschafter FSG den Wunsch in die Hauptversammlung ein. Und eben dort wurde er zusammen mit anderen Forderungen (Rechtsanspruch auf Altersteilzeit und Bildungskarenz, Erhöhung des Urlaubsanspruches auf sechs Wochen für alle etc.) beschlossen.

In „normalen“ innenpolitischen Zeiten sind Beschlüsse der Hauptversammlung der Bundesarbeiterkammer real-politisch nicht notwendigerweise von Brisanz.

2019 ist die Sache allerdings ein wenig anders.

Der Grund: Ende Jänner beginnen im Westen die Arbeiterkammer-Wahlen. Diese werden bundesweit bis April laufen. Und bis dahin bleibt die Vier-Tage-Woche als Kampagnen-Thema für AK und ÖGB jedenfalls auf dem Tapet.

„Die Bundesregierung hat im Zuge der Einführung des Zwölf-Stunden-Tages immer davon gesprochen, dass die Vier-Tage-Woche jetzt Realität wird. Wir nehmen sie einfach bei ihrem Versprechen und fordern, dass die Menschen ein festgeschriebenes Recht darauf bekommen“, sagt FSG-Bundesgeschäftsführer Willi Mernyi.

In der Wirtschaftskammer kommentiert man die Debatte mit Zurückhaltung. „Wir sind nicht generell gegen die Vier-Tage-Woche“, sagt Rolf Gleißner, stellvertretender Abteilungsleiter für Sozialpolitik. Allerdings sei eine gesetzliche Regelung nicht für alle Branchen und Unternehmen sinnvoll. Gleißner: „Aus unserer Sicht sollte die Arbeitszeit in Unternehmen nicht per Gesetz verordnet, sondern zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden. Sei es im Betrieb selbst mit einer Betriebsvereinbarung oder im Zuge der Verhandlungen für die Kollektivverträge.“