Schützenhöfer zu Impf-Debatte: "Rechtsstaat muss Widerwillige aushalten"
Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) plädiert im APA-Weihnachtsinterview für eine "Abrüstung der Worte", nicht nur in Sachen Covid-Krise. Aber: Der Rechtsstaat müsse es "aushalten, dass es widerwillige Menschen gibt, die sich auch hart artikulieren", wenngleich bei Ausschreitungen durchgegriffen werde müsste.
Die Koalition der ÖVP mit den Grünen auf Bundesebene könnte aus seiner Sicht halten: "Karl Nehammer und Werner Kogler verstehen sich sehr gut".
Zur Causa Prima, der Covid-Krise, sagte Schützenhöfer: Natürlich seien Fehler gemacht worden, er sei aber der Ansicht, dass man die Sache ganz gut im Griff habe. Ob es - im Zuge der Verschärfung der Auseinandersetzung zwischen Maßnahmengegnern und Befürwortern - auch Drohungen gegen ihn als ein Mitglied der Landeshauptleute-Konferenz und somit einem der wichtigsten Player zwischen Ländern und Bund gegeben habe? "Man gewöhnt sich daran, auch wenn es teils tiefste Schublade ist." Es gehe aber darum, aufrecht zu bleiben, Flagge zu zeigen und sich nicht dem Populismus zu unterwerfen.
"Stolz auf ausgebaute Demokratie"
Bezüglich der Demonstrationen von Maßnahmen-Gegnern sagte er, man müsse die Ängste vieler Menschen sehen und ernst nehmen. Es seien nicht nur aggressive Maßnahmengegner, "es sind Menschen mit Sorgen. Mütter mit ihren Kindern. Da darf man nicht kategorisieren." Bei Ausschreitungen sei aber durchzugreifen, wenngleich man sich nicht provozieren lassen solle.
"Ich werde täglich gefragt, was man sich denn von Maßnahmengegnern noch alles gefallen lassen soll - da sage ich, ich bin stolz darauf, dass wir eine so ausgebaute Demokratie haben. In Summe muss der Rechtsstaat das aushalten, dass es widerwillige Menschen gibt, die sich auch hart artikulieren", meinte Schützenhöfer.
Mit Politikerkollegen will der steirische ÖVP-Chef aber nicht so viel Geduld haben: "Manch im Parlament gesprochenes Wort ist eine Grenzüberschreitung, die nicht stattfinden sollte. Solche Worte sind Wasser auf die Mühlen von jenen, die es nicht gut mit dem Land meinen." Da seien Nachahmer rasch zur Stelle, und Hemmschwellen seien rasch gesenkt.
Um das Vertrauen in die Politik wieder herzustellen, müsse es eine Abrüstung der Worte geben. "Erst heißt es 'Blut an den Händen', dann 'leeres Hirn'", spielte der Landeshauptmann auf die verbale Auseinandersetzung zwischen Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl an. Das sei kein Vorbild für die Bevölkerung. Und wenn der Sprachschatz ausgereizt sei, was folge dann bei manchen, fragte der Landeshauptmann und gab gleich selbst die Antwort: "Es folgt die Faust", gab er zu bedenken.
Es ist Schützenhöfer nicht Genugtuung, dass er schon früh Maßnahmen wie Impfpflicht und kostenpflichtige Tests gefordert habe und dass die meisten anderen Politikerkollegen später gefolgt seien. "Es ist wichtig, dass wir bundeseinheitlich vorgehen", betonte er immer wieder, die neue Variante Omikron lasse gar keine andere Wahl. Schützenhöfer räumte aber ein, dass die Disharmonie bei den Maßnahmen ja europaweit vorhanden sei, von Land zu Land unterschiedlich.
Kurz "zu sehr auf Koalition mit FPÖ fixiert"
Auf die Frage, ob er froh sei, dass die ÖVP nun nicht mehr von Sebastian Kurz geführt werde, sagte Schützenhöfer: "Ich bin nicht froh, wie es zu Ende gegangen ist. Er hat uns zwei Mal grandiose Erfolge bei Nationalratswahlen beschert. Es ist der steirischen ÖVP ja auch noch nie passiert, dass sie bei Landtagswahlen Rückenwind durch den Bund hatte." Aber dann seien kollektiv Fehler passiert.
Bei den sogenannten Chatverläufen habe sich nach außen gezeigt, was sich im Kurz-Umfeld abgespielt habe. Man müsse ja Befürchtungen haben, wenn einem Obleute als Messias angepriesen werden, sagte der Landeshauptmann. Das sei ja auch in gewisser Weise bei Reinhold Mitterlehner so gewesen, man erinnere sich an den "Django"-Hype, aber nach ein paar Monaten sei die Stichflamme verpufft.
Er sei der Ansicht, Kurz habe sich zu sehr auf "seine" Koalition mit der FPÖ fixiert. Nach Ibiza sei der Kanzler ja auch fulminant wiedergewählt worden. Aber Kurz habe auch ganz andere Zugänge zu Lösungen gehabt, da habe sicher auch das Erleben des SPÖ-geführten Wiens eine Rolle gespielt. Und man dürfe nicht vergessen, dass die ÖVP es erst kürzlich miterlebt habe, wie die Grünen auch mit Herbert Kickls FPÖ zusammengearbeitet hätten, um Kurz loszuwerden. Das verdaue man als Funktionär der ÖVP nicht einfach so.
Nehammer und Kogler verstehen sich gut
Die große aktuelle Frage sei, ob der neue ÖVP-Chef Karl Nehammer die Koalition mit den Grünen wirklich in die Zukunft bringen könne. Er, Schützenhöfer, hoffe und glaube es jedenfalls. "Nehammer und Grünen-Chef Werner Kogler verstehen sich sehr gut, denke ich. Wenn das weiter so ist, passt's. Da kann ich mir vorstellen, dass es bis 2024 hält."
Wie sich Weihnachten für ihn selbst gestaltet? "Ein Besuch der Teststraße auf der Grazer Messe - das Personal dort ist selbst am 24. Dezember im Einsatz." Und traditionell ein Besuch einer Polizeiinspektion, weiters besucht der LH das Personal des Grazer Krankenhauses der Elisabethinen, im Gepäck kleine Geschenke. "Dann geht es nach Hause, um den Heiligen Abend im Kreise der engsten Familie zu verbringen, gefolgt vom Besuch der Christmette in der Kirche St. Veit in Andritz.
"Weihnachten ist für mich, wenn die Kerzen angezündet werden", so Schützenhöfer. Und wie sollte es für die Steirerinnen und Steirer sein? "Vor allem ein Fest des Friedens, der Freude und der Familie."