Schönborn mahnt: „Asyl darf nicht zum Schimpfwort werden“
Die Bischöfe haben sich diese Woche zu ihrer Herbstklausur in Salzburg im Stift Michaelbeuern zurückgezogen. Vom Ergebnis der Beratungen der Kirchenoberen berichtete deren Vorsitzender, Kardinal Christoph Schönborn, am Freitag in Wien. Die zentrale Botschaft: Sorge wegen der Asylpolitik der Bundesregierung.
„Heiliges Recht“ Asyl
Angesichts stark rückläufiger Antragszahlen sei es „erstaunlich“, wie über Schutzsuchende gesprochen werde, sagte Schönborn. „Wer Asyl sucht, darf nicht stigmatisiert oder gar kriminalisiert werden“, mahnte der Kardinal eine Abrüstung der Worte ein. „Parteipolitisches Kalkül darf weder über das Recht noch über die Menschlichkeit dominieren“, so Schönborn. Aus christlicher Sicht sei Asyl ein „heiliges Recht und darf nicht zum Schimpfwort werden“. Denn: „Jedes Abgleiten in der Sprache verlockt zum Abgleiten in den Taten.“
Länder sollen mitreden
Beim humanitären Bleiberecht, das in Härtefällen ausgesprochen werden kann, stellt sich die Kirche auf die Seite mancher Bundesländer. Der Kardinal fordert „eine verpflichtende Einbindung der politischen Verantwortlichen“ auf lokaler Ebene in Entscheidungen über die Erteilung humanitären Bleiberechts.
Schönborn sprang damit dem Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner bei. Der hatte vergangene Woche gefordert, Länder und Gemeinden müssten bei der Vergabe des Bleiberechts wieder mitreden dürfen. Bis 2014 verfügte der Bund zwar über ein Weisungsrecht, Landeshauptmann und Bezirkshauptmannschaft konnten aber Empfehlungen aussprechen. Das wurde abgeschafft, seither bestimmt der Bund – sprich das Innenministerium – allein.
Anlass für Wallners Forderung war der Fall eines Dreijährigen, der Ende Oktober im Zuge einer Abschiebung von seiner Mutter getrennt worden war. Der Fall zeige, dass es „wieder eine Mitsprache von Ländern und Gemeinden“ brauche, sagte Wallner. Derzeit gebe es nicht einmal ein Anhörungsrecht oder Akteneinsicht. Wallner: „Das läuft alles an Land und Gemeinden vorbei. Das ist nicht schlau, wie man sieht.“
Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache bleiben dennoch dabei: Die Entscheidungsbefugnis über ein humanitäres Bleiberecht bleibe beim Bund.
Gewinn für das Land
Schönborn wendet ein, dass „ein rigoros durchgezogenes Gesetz zur Ungerechtigkeit werden kann“. Das genau sei der Grund, dass es ein humanitäres Bleiberecht gebe. Darüber hinaus seien gut integrierte Familien „ein Gewinn für unser Land“, gab Schönborn zu bedenken.
Nach der Schelte gab es vom Kardinal auch Lob für die Bundesregierung. Der am 1. Jänner in Kraft tretende Familiensteuerbonus und die damit verbundenen Leistungen „auch für jene, die keine Steuer zahlen“, wären eine „große Hilfe“ – seien doch Alleinerziehende und kinderreiche Familien in Österreich besonders armutsgefährdet. Die Bischöfe hätten sich im Vorfeld dafür eingesetzt und „begrüßen daher ausdrücklich diese Maßnahme der Bundesregierung“.
Darüber, ob die Verteilungsgerechtigkeit – „das große Anliegen der katholischen Soziallehre“ – in Österreich schon perfekt sei, könne man streiten, sagte Schönborn. Er befinde sich aber in regelmäßigem Austausch mit der Regierungsspitze, „auch, wenn es kontroversielle Themen gibt“. Denn „der Weg des Gesprächs ist immer noch der bewährte österreichische Weg“, so Schönborn. „Sich gegenseitig Schlagworte an den Kopf zu werfen“, helfe hingegen wenig.