Politik/Inland

Schieder: "Mein Plan für Wien"

Freitag, 9 Uhr Früh in der Aida am Praterstern. Bei einer Melange erläutert Andreas Schieder im KURIER-Gespräch seine Pläne für Wien. "Hallo, der neue Bürgermeister!" grüßen zwei Männer im mittleren Alter. "Wie geht’s?"

Für die Kaffeehausgäste ist an diesem Wiener Morgen klar, wer neuer Chef im Rathaus wird: Andreas Schieder, aufgewachsen in Penzing, wohnhaft in der Leopoldstadt, studierter Volkswirt und derzeit geschäftsführender SPÖ-Klubobmann im Parlament.

Jetzt muss Schieder nur noch am 27. Jänner die knapp tausend Delegierten auf dem Wiener SPÖ-Parteitag von sich überzeugen, dann ist sein Weg als Nachfolger von Michael Häupl an der Spitze der Bundeshauptstadt frei.

"Ich will einen neuen Aufbruch für Wien", sagt Schieder – und zählt auf:

Stadtgesetz für gleichen Lohn

"Wir haben die Chance, in Wien zu verwirklichen, dass Männer und Frauen gleich viel verdienen. Island hat ein Gesetz verabschiedet, wonach Betriebe nachweisen müssen, dass sie gleichen Lohn bezahlen. Am g’scheitesten wäre natürlich ein österreichweites Gesetz. Ansonsten muss man schauen, wie man das für Wien allein umsetzen kann."

Die klimaneutrale Stadt

"Gerade in einer Stadt ist es möglich, über intelligente Systeme Wirtschaft, Verkehr und Energie so zu organisieren, dass es klimaneutral ist."

Gewerbeanmeldung an einem Tag

"Es muss Standard sein, dass man eine Gewerbeberechtigung in Wien innerhalb eines Tages hat. Wenn man sich in der Früh entscheidet, man macht das, soll am Nachmittag alles Behördliche erledigt sein – über Internet oder wie immer, aber es muss schnell gehen."

Rettung der Wiener Wirts- und Kaffehäuser

"Wir brauchen eine Schwerpunktaktion zur Rettung unserer traditionellen Gast- und Kaffeehäuser. Sie werden oft vom Hausherrn karniefelt, weil der höhere Mieten haben will und ihnen die Gewerbebehörde an den Hals hetzt. Wenn ein Gasthaus aus den 60ern stammt, dann fehlen oft Pläne, oder es sind irgendwelche Standards nicht g’scheit erfüllt – und schon sind sie unter Druck. Da geht es oft um einen Fettausscheidefilter oder so was. Diesen Gasthäusern muss man unbürokratisch helfen, damit sie nicht zusperren müssen."

Parterrebelebung

"Wir wollen keine Stadt, wo im Parterre nur Wettlokale sind. Die Digitalisierung eröffnet hier neue Chancen für kreative Ideen. Geschäftslokale sind nicht mehr nur auf die Laufkundschaft angewiesen, sondern können den Versandhandel nutzen. Jede Art von Werkstätten, Design, Gewerbe , Handel, Lokale oder sonstige Initiativen kann man hier zum Erblühen bringen."

Re-Industrialisierung

"In der Ansiedlungspolitik geht auch um eine moderne Form der Industrie, Wien soll sich nicht nur auf Dienstleistung und Handel verlassen. Wien ist ein Wissens-Hotspot. Angeschlossen an die Forschung und die Unis braucht man hintennach aber auch die Produktion."

Vorstädte vernetzen

"Die Intervalle der Öffis sollen in den Stadterweiterungsgebieten so hoch sein wie innerstädtisch. Wenn man in Floridsdorf weiter rausfährt, ist man derzeit wirklich nicht gut angeschlossen. Es könnte entweder die U6 verlängert werden, oder Schnell-Straßenbahnen mit eigenen Gleiskörpern und attraktiven Intervallen könnten die Gebiete vernetzen."

Stadt ohne Ghettos

"Die Stadt muss insgesamt verkehrsmäßig gut vernetzt sein, und in abgewohnten Gebieten muss man intervenieren, indem man Arbeitsplätze hinbringt, manchmal auch gezielt Grünraum schafft oder einen neuen Wohnbau hinsetzt."

25.000 Gemeindewohnungen bis 2025

Seine Pläne für den Wohnbau verbindet Schieder mit Kritik an seinem Konkurrenten um Bürgermeisteramt, Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. "Im Wahlkampf 2015 wurden neue Gemeindewohnungen versprochen, aber der Spatenstich erfolgte erst kürzlich, und zwar für 120 Wohnungen. Das ist mir zu wenig. Ich will da einen Zahn zulegen." Schieder will 25.000 zusätzliche Gemeindebauwohnungen bis 2025 schaffen. Außerdem will er im sozialen Wohnbau Leerstände schärfer kontrollieren und generell mit einer Abgabe bekämpfen.

(Ein Interview mit Michael Ludwig erschien am vergangenen Donnerstag).