Politik/Inland

“Scheinheiligkeit und Günstlingswirtschaft”: ÖVP schießt sich auf FPÖ-Boss Kickl ein

Rhetorisch greift Andreas Hanger gern in die Vollen, wer den ÖVP-Parlamentarier kennt, weiß das.

Doch was der Fraktionsführer der ÖVP in den laufenden Untersuchungsausschüssen über FPÖ-Chef Herbert Kickl und sein Amtsverständnis als Innenminister thematisiert, ist selbst für Hanger'sche Verhältnisse starker Tobak: Am Dienstag gab Hanger einen Einblick, wie es die Kanzler-Partei im SPÖ-FPÖ-U-Ausschuss anlegt. Wie berichtet sind die Zeugen in so großer Zahl abgesprungen, dass man einzelne Befragungstage bleiben ließ.

Am Mittwoch findet allerdings eine Ausschuss-Sitzung statt. Und hier wollen Hanger und sein Ausschuss-Team das “System Kickl” in allen Schattierungen beleuchten.  "Auf Basis der vorliegenden Akten offenbart die Amtszeit von Herbert Kickl als Innenminister einen Wildwuchs an Doppelmoral, Scheinheiligkeit und Günstlingswirtschaft", sagt Hanger.

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Konkret meint der ÖVP-Parlamentarier insbesondere die auffallend großzügigen Gagen, die Kickl als Minister  engsten Mitarbeitern zugestanden hat. So hat die ÖVP-Fraktion ein “Privilegien-Netzwerk” und die dazu gehörenden Arbeitsverträge ausfindig gemacht, die einfachen Kabinettsmitarbeitern durchschnittlich zwischen 10.000 und 11.000 Euro brutto als Monatssalär ermöglicht haben. In dieser finanziellen “Flughöhe” sind für gewöhnlich nur Mitarbeiter knapp unter dem Rang eines Sektionschefs unterwegs. Aber eben nicht einfache Referenten. Mit üppigen Überstunden-Rechnungen und anderen Verrechnungstricks sollen die Ministeriumsmitarbeiter auf die fürstlichen Gagen gekommen sein.

“Das Motto lautet offensichtlich ,Euer Geld für unsere Leut’”, ätzt ÖVP-Mann Hanger. 

Lukrativer Beratervertrag

Ähnlich gelagert ist der Fall eines FPÖ-nahen Beraters (sein Name darf aus Datenschutzgründen nicht genannt werden, Anm.), den Kickl für “strategische Kommunikationsberatung” im Innenministerium beschäftigen wollte. 

Hanger will die Causa am Mittwoch ebenfalls im U-Ausschuss thematisieren, weil das Schema  ähnlich gelagert ist wie die ausnehmend großzügigen Gagen der Kabinettsmitarbeiter.

Worum geht es?

Im Februar 2018 sollte ein FPÖ-naher Kommunikationsberater nach Vorgabe von Kickls Kabinett auf Ministeriumskosten beschäftigt werden. Der im März 2018 unterfertigte Vertrag enthielt eine Laufzeit über 12 Monate und sah dabei ein monatliches Entgelt von 10.200 Euro brutto vor. 

Die interne Revision im Innenministerium äußerte sich freilich kritisch zu den fachlichen Auswahlkriterien des Beraters. A la longue blieb es aber ohnehin nicht dabei. Denn der nämliche Berater wechselte kurz nach Abschluss des lukrativen Vertrages in das Büro eines FPÖ-Ministers. 

Im ÖVP-U-Ausschuss-Team hegt man darob den Verdacht, dass es sich bei dem Beratungsvertrag bloß um eine “finanzielle Überbrückungshilfe” für den Berater gehandelt hat.