Kurz tritt als Kanzler ab und wird Klubchef – Schallenberg übernimmt
"Mein Land ist mir wichtiger als meine Person. Ich möchte daher, um die Pattsituation aufzulösen, Platz machen." Es ist vorbei, zumindest mit dem Kanzleramt.
Samstagabend überschlugen sich in Wien die Ereignisse.
Kurz nach 18 Uhr kündigte das Kanzleramt ein Statement von Sebastian Kurz an. Und Minuten später sickerte durch: Der Regierungschef wird sich nun wohl doch zurückziehen und einen Schritt zur Seite machen. Möglicher Nachfolgekandidat: Außenminister Alexander Schallenberg.
So kam es dann auch. Um 19:41 Uhr erklärte Kurz, dass er die Zuspitzung in der Regierung auflösen wolle, indem er sich aus dem Amt zurückzieht.
Außenminister Alexander Schallenberg solle als Kanzler übernehmen. Und während Kurz als Parteichef bleibt und den Posten des ÖVP-Klubobmannes im Parlament übernehmen will, soll die Regierung und insbesondere das Regierungsteam der ÖVP unverändert bleiben.
"Schritt ist kein leichter"
"Es wäre unverantwortlich, in Monate des Chaos oder des Stillstands zu schlittern", sagte Kurz in seiner Erklärung. Und es wäre unverantwortlich, die Regierungsverantwortung in die Hand von vier Parteien und damit auch in die Hand eines Herbert Kickl zu geben.
"Der Schritt ist kein leichter", sagte Kurz bei seinem Rückzug. Er wolle nun alles daran setzen, die gegen ihn vorgebrachten strafrechtlichen Vorwürfe zu entkräften - wisse er doch, dass sie falsch seien.
Kurz sparte bei der Gelegenheit auch nicht mit Kritik am Koalitionspartner: Im Unterschied zu früheren Konstellationen, bei denen Spitzenpolitiker mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert worden seien, hätten sich die Grünen nun entschieden, sich gegen ihn, Kurz, zu positionieren. Das würden viele als ungerecht empfinden, so Kurz. "Aber darum geht es jetzt nicht."
Kurz war aufgrund der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen ihn in der Inseratenaffäre zunehmend unter Druck geraten, auch durch den eigenen Koalitionspartner, den Grünen. Vizekanzler Werner Kogler hatte Kurz zuletzt als "nicht amtsfähig" bezeichnet und diesem ein Ultimatum gestellt: Sollte der Kanzler nicht von selbst Konsequenzen ziehen, droht ein Misstrauensvotum aller anderen Parteien bei einer Sondersitzung des Nationalrats am Dienstag.
Nicht nur Grüne und Opposition zeigten sich über die jüngsten Enthüllungen empört und verlangten Konsequenzen. Auch aus den Bundesländern wurde der Druck zunehmend größer. So befürwortete etwa Tirols Landesrätin Beate Palfrader einen Rückzug aus der Kanzlerschaft.