Politik/Inland

Regierung will ab Mai Asylstopp verhängen

Eine strikte Obergrenze für Asylanträge festzuschreiben und ab Erreichen dieser Zahl keine Anträge mehr anzunehmen, wäre rechtswidrig.

Österreich ist aber nicht verpflichtet, für alle Flüchtlinge, die hierzulande einen Asylantrag stellen, ein Asylverfahren durchzuführen.

Das sind die zentralen Erkenntnisse aus jenem Expertengutachten zur Flüchtlingsobergrenze, das die Regierung in Auftrag gegeben und gestern präsentiert hat.

Die Gutachter – Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk und Europarechtler Walter Obwexer –, stellen also klar, dass die Regierung nicht festlegen kann: "Wir nehmen 37.500 Flüchtlinge – und den 37.501 nehmen wir nicht mehr." SPÖ und ÖVP haben sich im Jänner ja darauf verständigt, dass heuer nur noch 37.500 Asylanträge registriert werden sollen, 2015 sind es 90.000 gewesen (heuer bisher: 14.000). Österreich muss aber (mit Verweis auf Artikel 72 des EU-Vertrages) nicht mehr jedes Asylverfahren durchführen, wenn die öffentliche Ordnung bzw. die innere Sicherheit des Landes gefährdet ist. Dass das der Fall ist, hat die EU-Kommission nach Ansicht der Gutachter selbst festgestellt, indem sie erlaubt hat, dass Grenzkontrollen durchgeführt werden. Daher sei auch eine Beschränkung des Flüchtlingszustroms erlaubt. Das ermöglicht der Regierung ab Mitte Mai praktisch einen Asylstopp zu erlassen.

Asylgesetz-Novelle

Bis dahin soll das Asylgesetz geändert und eine entsprechende Verordnung erlassen werden. Schnellverfahren In der Praxis bedeutet das, dass die Polizei ab Mitte Mai in jedem Fall eine Schnellprüfung durchführen wird (binnen 120 Stunden) – entweder direkt an der Grenze oder in speziellen Registrierzentren. Die meisten Flüchtlinge werden nach dieser Prüfung unverzüglich in jene Nachbarländer zurückgeschickt werden, aus denen sie nach Österreich eingereist sind (Slowenien, Ungarn, Italien etc).

Die heimischen Behörden werden Asylverfahren nur noch durchführen, wenn sie laut Menschenrechtskonvention dazu verpflichtet sind, um die angepeilten 37.500 Asylanträge nicht zu überschreiten. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner: "Wir werden keine Asylanträge zulassen, außer wir müssen das tun – aufgrund gewisser Kriterien wie Artikel 8 der Menschenrechtskonvention."

Verwandte begünstigt

Dieser besagt, dass der Mensch ein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens hat. Wenn also der Vater, die Mutter oder das (minderjährige) Kind des Antragstellers bereits in Österreich ist, muss auch dessen bzw. deren Verfahren hierzulande abgewickelt werden.

Das wird auch der Fall sein, wenn Flüchtlinge irgendwo in Österreich aufgegriffen werden und nicht nachweisbar ist, über welches Land sie eingereist sind.

Geht es nach der Regierung, sollen diese Fälle aber die Ausnahme sein. Denn spätestens mit Inkrafttreten der neuen Rechtslage werden die Grenzkontrollen nochmals verschärft (Brenner etc.), kündigten Mikl-Leitner und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil an. Der Heeresminister betonte auch, dass man keine Flüchtlinge mehr nach Deutschland weiterleiten werde: "Dort, wo wir Grenzkontrollen machen, wird es kein Durchwinken mehr geben."

Wie lange Österreich sich auf die Notfallklausel berufen kann (Gefährdung der öffentlichen Ordnung/inneren Sicherheit), ist offen. Jedenfalls aber so lange die EU Österreich erlaube, seine Grenzen zu kontrollieren, erläuterte Gerhard Hesse, der Leiter des Verfassungsdienstes im Kanzleramt.

Vordenker Kurz

Kurios: Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hatte bereits im August 2015 "Blitzverfahren" vorgeschlagen, um festzustellen, ob Asylwerber über sichere Länder nach Österreich kommen. Anlass dafür war der enorme Flüchtlingsandrang – und dass die Verteilung in Europa nicht funktioniert. Die SPÖ hatte sich damals gegen "Blitzverfahren" ausgesprochen.