Politik/Inland

Rot-Schwarz schmilzt, bunt boomt

Die steirische Landeshauptstadt Graz ist mehrheitlich in grüner Hand. Auch in Innsbruck, einst schwarzes Kerngebiet, dominieren die Grünen. In Wien hat sich der Wandel weg von den Schwarzen zu den Grünen vollzogen. Mittlerweile sind fünf Bezirke mehrheitlich grün, die bürgerliche Festung Währing konnte die ÖVP nur mehr um 96 Stimmen Platz eins vor den Grünen behaupten.

Dazu noch teils exzellente Ergebnis der Neos in den Städten: Wien (7,6 Prozent), Graz (7,0 Prozent) oder Innsbruck (7,7 Prozent), deutlich über dem pinken Bundesschnitt von 4,9 Prozent.

Problem für Ö VP

„Wenn die ÖVP nicht aufpasst und rasch gegensteuert, bekommt sie in Wien ein massiveres Problem bei den Landtagswahlen 2015, als sie sich heute zu denken traut“, sagt Politikforscher Peter Hajek. „In Wien muss die ÖVP aufpassen, dass sie nicht unter zehn Prozent, wenn nicht sogar weiter runterrutscht.“

Hajek analysiert, dass die Schwarzen eigentlich kein Thema mehr hätten, das sie nachhaltig vertreten können. „Sie haben alle Positionen aufgegeben, die eine städtische bürgerliche Partei eigentlich hat. Gesellschaftspolitisch knabbern die Grünen, wirtschaftspolitisch die Neos. Und konservative Positionen – wie der Erhalt des Gymnasiums – nimmt die FPÖ auch ein. Die Wien-Wahl wird für die ÖVP ein Marginalitätsprogramm.“

Lagerwahlkampf

Auch der Meinungsforscher Christoph Hofinger von SORA glaubt, dass es bei der Wien-Wahl um die Existenz der ÖVP gehen wird. „Das wird ein Überlebenskampf.“ Er rechnet mit einem scharfen Lagerwahlkampf zwischen der rot-grünen Regierung und der blau-schwarzen Opposition. „Da werden auch die Neos ordentlich mitmischen, dann hat die Volkspartei keine gute Karten.“ Neos-Chef Strolz hat bereits angekündigt, sowohl bei der Wien-Wahl 2015 als auch bei der EU-Wahl 2014 kandidieren zu wollen. Hofinger: „Grüne und Neos sind da im Vorteil, weil die Wahl vor allem besser Gebildete interessiert.“

In Innsbruck konnten die Grünen bereits bei der Landtagswahl Ende April 2013 stimmenstärkste Partei werden – und auch im Land zulegen. Seither sind sie in der Tiroler Landesregierung vertreten. Das gute Ergebnis konnten sie auch bei der Nationalratswahl halten.

Etwas anders zeigt sich die Situation in Graz. Jene Arbeiterbezirke links von der Mur, die zuletzt mehrheitlich rot waren, sind nun blau. Und fast alle ehemals schwarzen Bezirke rechts von der Mur, wo d alle Universitäten beheimatet sind, sind nun grün. „Das Ergebnis von 2013 ist spektakulär. Graz hat schon seit vielen Jahren sehr mobile Wähler, auch die FPÖ war hier schon stimmenstärkste Partei“, sagt Hofinger. Dennoch greife die These, wonach rote Wähler zur FPÖ laufen und ÖVP-Wähler zu den Grünen, viel zu kurz. „Auch die SPÖ hat viele Wähler an die Grünen verloren, und in den Arbeiterbezirken wird noch vor der SPÖ die Volkspartei aufgerieben.“

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Aber sind die Ergebnisse aus den Städten auch richtungsweisend für das, was in den kommenden Jahren am Land zu erwarten ist? Hofinger winkt ab: „Eher nicht, weil die gesellschaftliche Entwicklung dagegenspricht. Wir beobachten schon seit einigen Jahren eine starke Migration von Bildungswilligen vom Land in die Stadt, vorwiegend Frauen.“ Und das Bildungsniveau sei ein starker Faktor für die Wahlentscheidung. Je gebildeter, desto eher kommt das Kreuzerl bei Grün oder Neos.