Politik/Inland

Quartiersuche auf Hochdruck: Erste Container stehen

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner befeuerte den SPÖ-ÖVP-Krach via ORF-Radio zwar gestern Früh noch einmal (er warf Kanzler Werner Faymann vor, virtuelle Politik via Medien zu betreiben), die Mehrheit der rot-schwarzen Spitzenpolitiker war aber bemüht, den Flächenbrand zu löschen. Denn letztlich – das wissen alle Beteiligten – profitieren davon primär Heinz-Christian Strache und seine FPÖ. Und Rot und Schwarz müssen ja weiterhin miteinander kooperieren (siehe Seite 3 unten). Also, gibt es Appelle, zu handeln statt zu streiten.

"Zum Abgewöhnen"

Denn das lautstarke Zerwürfnis beim Asylgipfel Mittwochabend im Kanzleramt, "das war natürlich zum Abgewöhnen, keine Frage", gesteht Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) im KURIER-Gespräch ein: "Man sollte einen einmaligen Streit aber nicht hochstilisieren, sondern sofort dazu übergehen, wieder zu arbeiten. Denn die Leute haben uns gewählt, damit wir Probleme lösen." In Oberösterreich wurde das gestern versucht. In Linz fand ein "Abstimmungstreffen" aller in der Asylfrage Verantwortlichen statt: Landes-, Bezirks- und Gemeindevertreter setzten sich mit Hilfsorganisationen und Kirchenvertretern zusammen. Man kam überein, in den Bezirken "Steuerungsgruppen" einzurichten, damit "so rasch wie möglich leer stehende Quartiere aufgestellt werden", erklärt Landesrätin Gertraud Jahn (SPÖ). Oberösterreich muss bis Ende Juli mehr als 1000 Asylwerber aufnehmen. Die Länder haben ja bis Ende Juli insgesamt ja 6500 neue Plätze zugesagt.

Keine Bezirksquoten

Warum hat Pühringer den Faymann-Plan in Wien abgelehnt – und nun in jedem Bezirk Steuerungsgruppen initiiert, wie vom Kanzler vorgeschlagen? "Ich war gegen Bezirks- und Gemeindequoten. Die wird es auch nicht geben. Aber ich war dafür, regionale Steuerungsgruppen einzurichten", erläutert der Landeshauptmann.

Solche Gruppen werden kommenden Dienstag auch in Kärnten zusammengestellt. Landeshauptmann Peter Kaiser will außerdem erreichen, dass in den 88 Gemeinden, die bis dato keine Flüchtlinge beherbergen, je fünf bis zehn Plätze organisiert werden. In Kärnten und in Oberösterreich wird zudem geprüft, wo man Container aufstellen könnte.

Flüchtlingsheime geplant

In Innsbruck gibt es solche bereits (siehe Seite 2, unten links). "Ein bis zwei weitere Container-Standorte werden wir noch brauchen", sagt Flüchtlingskoordinator Harald Bachmeier. Langfristig möchte er "nachhaltigere Quartiere" schaffen: Flüchtlingsheime in Holzbauweise. In Salzburg wird bereits an einem derartigen Asylheim geplant. Im Frühjahr 2016 soll das Gebäude, das auf dem Gelände eines ehemaligen Flussbauhofes errichtet wird, fertig sein. Kurzfristig will man Flüchtlinge in Internaten und Containern unterbringen. Landesrätin Martina Berthold hat auch Unternehmer aufgerufen, leer stehende Büros zur Verfügung zu stellen.

Ad-hoc-Hilfe gibt es für Traiskirchen: Die Bank Austria hat 500 Isoliermatten für die obdachlosen Asylwerber gespendet.

Auf einer der vielen Herdplatten der Gemeinschaftsküche köchelt ein Fleischeintopf. Lo El Hadju Sidy ist ständig am Rühren. „Mir gefällt es hier. Es ist der erste Schritt in ein neues Leben“, sagt der Senegalese. Dass seine neue Unterkunft aus Container-Modulen besteht, stört ihn nicht. Der 41-Jährige ist froh, dass er ein Dach über dem Kopf hat, wie er sagt.

"Ein Kraftakt"

Für rund 2,5 Millionen Euro hat das Land Tirol im Innsbrucker Gewerbegebiet ein Quartier für bis zu 160 Asylwerber in Nachbarschaft zu einer bestehenden Flüchtlingsunterkunft auf die grüne Wiese gestellt. 150 Flüchtlinge sind hier bereits untergebracht. „Es war ein Kraftakt“, sagt Bernadette Mair von den Tiroler Sozialen Diensten, der Flüchtlingsbetreuung des Landes. Denn die Eröffnung der Containereinheiten musste angesichts des Quartiernotstands vorgezogen werden.
In einem der zwei einstöckigen Trakte sind nur Männer untergebracht. Es riecht nach Putzmittel. Sarma Wazri und sein Mitbewohner schrubben gerade ihr spärlich eingerichtetes und enges Zimmer, das Studentenheimflair versprüht. „Es ist in Ordnung hier“, sagt der mit Wischmopp bewaffnete Iraker. Die Maximalbelegung ist zwei Personen pro Einheit, in weiteren Modulen sind Gemeinschaftsduschen und -toiletten untergebracht. Alles nicht besonders heimelig, aber funktional und sauber.

Eine gute Wohnung

Regelrecht begeistert ist die Familie von Elzibari Khutsishvili, die zuvor in einem anderen Flüchtlingsheim untergebracht war. „Wir fühlen uns wie in einer richtig guten Wohnung“, erzählt der Armenier. Mit seiner Frau und seinem Sohn lebt er hier in einem Doppelcontainer mit eigener Küche und integrierter Nasszelle. An der Wand hängt eine Uhr, am Kasten ein vom Sohn gemaltes Bild. Es ist der Versuch, sich ein wenig Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Die soll auch im Freien noch wachsen. Noch fehlt es an Spielgeräten. Ein Grillplatz ist geplant. Auch wenn die Container letztlich nur eine Übergangslösung sein sollen.