Politik/Inland

Protestaktion mit Fragezeichen

War es ein verzweifelter Ausbruch oder nur eine Propagandashow? Etwa 200 Asylwerber aus dem Flüchtlingslager Traiskirchen marschierten am Samstag nur leicht bekleidet und frierend nach Wien, um für menschenwürdige Bedingungen zu demonstrieren. Ihre Bekleidungspakete im Flüchtlingslager ließen sie unberührt.

„Hunderte Flüchtlinge“ hatte der süddeutsche Aktivist Hans-Georg Eberl als Demo-Teilnehmer angekündigt. Samstagfrüh stand er mit einem Dutzend Aktivisten alleine und sichtlich ratlos vor dem Lagertor. Schnell machten Gerüchte die Runde: Die Flüchtlinge würden festgehalten, es würden ihnen Nachteile angedroht, sollten sie demonstrieren.

Ein KURIER-Lokalaugenschein im Lager konnte das nicht bestätigen – kein Anzeichen von irgendwelchen Disziplinierungsmaßnahmen. Die Menschen schienen sich für die kleine Gruppe draußen einfach nicht zu interessieren. Auch nicht für den Tisch mit einer Schachtel Bananen und alter Winterkleidung, der vor dem Tor aufgestellt war.

Fassungslos

Dann bekamen die Aktivisten Unterstützung von einem pakistanischen Asylwerber aus dem Lager. Der brüllte vier Stunden lang mit einem Megafon die Aufforderung zum Mitmachen über den Zaun. Bis Mittag konnten auf diese Weise rund 200 der insgesamt 1400 Lagerinsassen zum Marsch überredet werden. Viele von ihnen kamen äußerst spärlich bekleidet. Am Tor stand fassungslos Lagerleiter Franz Schabhüttl, der meinte: „Jeder von denen fasst bei uns ein Bekleidungspaket aus und bestätigt es per Unterschrift.“ Während des Gespräches wurde ein Pakistani von der Lagerwache zurück auf sein Zimmer geschickt. Es sei kalt, er solle sich wenigstens seine Socken anziehen. Inzwischen begannen draußen die ersten Interviews: „Ja, ich habe nur diese dünne Jacke von der griechischen Grenze. In Österreich habe ich nichts bekommen.“ Daneben wühlte einer vor laufender Kamera in einer alten Pappkarton-Schachtel mit Bekleidungsresten.

Dann begann der 35 Kilometer lange Marsch nach Wien, wo die Gruppe von Asylwerbern am Samstagabend nach stundenlangem Fußmarsch beim Sigmund-Freud-Park vor der Wiener Votivkirche ankam, wo ein mehrtägiges Protest-Zeltlager geplant ist.

1432 Asylbewerber warten derzeit im Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen auf die Zuweisung von Unterkünften in den Bundesländern. Doch die Länder sind säumig. Mit Ausnahme der Bundesländer Wien und Niederösterreich liegen alle Bundesländer hinter ihren Verpflichtungen zurück. Die Landeshauptleute versprachen bei einem Asylgipfel im Oktober, bis spätestens Ende November ihre Quoten zu erfüllen.

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Aus den Ländern Salzburg, Oberösterreich und Kärnten kommt aber bereits die ernüchternde Erkenntnis, dass die Ziele wohl nicht zu erreichen sind. Regionale Wider¬stände würden die Anmietung von Privatquartieren erschweren. Der nö. Landeshauptmann Erwin Pröll droht nun, bis Monatsende Traiskirchen zuzusperren, wenn die Bundesländer nicht ihre Verpflichtungen rasch umsetzen. Und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner will notfalls Siedlungen mit Wohncontainern in den säumigen Bundesländern errichten.