Politik/Inland

Prost und Freundschaft am 1. Mai

Sind Sie auch ein Sozialist?", fragt Theresia Soblek mit einem Lächeln. Sie hat die festen Stiefel angezogen und ihren Krückstock dabei, denn mit 83 Jahren, erzählt die Döblingerin, "is man nimmer so gut zu Fuß". Gemeinsam mit knapp hundert Genossen wartet sie vor der roten Bezirkszentrale kurz vor neun Uhr morgens, um am Tag der Arbeit zum Rathausplatz zu marschieren.

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Wie oft in ihrem Leben die pensionierte Küchengehilfin schon beim Maiaufmarsch mit-marschiert ist, das könne sie beim besten Willen nicht sagen. Sie marschiere aus Überzeugung mit, das Rote Wien habe doch viel Gutes gebracht.

Der Großteil der Transparente steht ganz im Zeichen des EU-Wahlkampfes. "Weg mit den Steueroasen", war zu lesen, oder "Für ein Ende der neoliberalen Spardiktatur". Junge Rote hatten sich sogar Angela-Merkel-Masken gebastelt, für die Linke steht die deutsche Kanzlerin symbolisch für die Austeritätspolitik der Euro-Staaten.

Die Bilder vom 1. Mai:

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Kurz nach neun beginnt die Blasmusik zu spielen, der Tross setzt sich in Bewegung. Ein etwa 50-jähriger Mann hält ein Transparent hoch: "Der Zugang zum sozialen Wohnbau muss für alle offen bleiben", steht dort geschrieben. Was damit gemeint ist? "Des waß i net, des hot a Freind gmocht", erklärte der Mann fröhlich.

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Eine gute Stunde später, die Döblinger Kohorte hat sich längst den Gruppen aus den benachbarten Bezirken angeschlossen, ist das Ziel erreicht. Langsam marschieren alle Bezirksgruppen an der Ehrentribüne vorbei. Von der Festbühne winken ÖGB-Boss, Bürgermeister und Vizebürgermeisterin Brauner. Kanzler Faymann kommt etwas später mit seiner Ortsgruppe Liesing, im dunklen Anzug und von Bodyguards geschützt.

Mag sein, dass früher viel mehr Rote am Tag der Arbeit zum Rathausplatz kamen, aber auch 2014 sind einige Zehntausend da.

"Liebe Freunde, ohne Kampf gibt es keinen sozialen Fortschritt", erinnert ÖGB-Boss Foglar an die Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie. Dennoch bleibe heute zu wenig "netto von brutto", ermahnte Foglar den VP-Finanzminister, "endlich eine gerechte Steuerreform" zu machen.

Gegen die Neoliberalen

Faymann verwies in seiner Rede auf die vielen jungen Arbeitslosen in der EU – weit über 40 Prozent in Italien, Spanien und Griechenland. Deswegen sei es so wichtig, dass die Sozialdemokratie unter dem Deutschen Martin Schulz die EU-Wahl gewinnt, damit Europa nicht länger "neoliberal" regiert werde.

Der SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl Eugen Freund wurde übrigens in keiner der Reden erwähnt. Er feierte den ersten Mai daheim in Völkermarkt.

Die Luft beim EU-Wahlkampf-Auftakt der FPÖ am Donnerstagvormittag im Europa-Bierstadl des Urfahraner Jahrmarktes in Linz war zum Schneiden. Zigarettenqualm, Bierdunst und Grillgerüche vermischten sich zu einer olfaktorischen Melange, die Ungeübten den Atem rauben konnte.

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Den Großteil des Publikums schien das nicht zu stören, genauso wenig wie die Dauerbeschallung durch die John Otti Band ab 9 Uhr Früh. Galt es doch, sich entsprechend auf die Reden von Spitzenkandidat Harald Vilimsky und Parteichef Heinz-Christian Strache einzustimmen. Eineinhalb Stunden und etliche Krügerln später war es so weit: "Die Fahnen hoch, für unseren HC", dirigierte ein Moderator. Und "alle gehen auf die Bänke", lautete das Kommando. Viele folgten sofort auch brav, hievten ihre in blau gewandeten Körper auf die Sitzbank und schwenkten bereitgelegte rot-weiß-rote Flaggen. Andere aber wollten sich nicht allzu weit von ihrem Hendl entfernen und verzichteten auf Akrobatik. Unter den Klängen von "The Final Countdown" marschierten Vilimsky und Strache an den laut Polizei 2000 Gästen (laut FPÖ 5000) vorbei zur Bühne.

Platz zwei oder eins

Vilimsky durfte als Erster ran. "Es wird möglich sein, bei der europäischen Unionswahl den Grundstein zu legen, diese EU aufzurollen und unsere rot-weiß-rote Souveränität zurückzuholen", verkündete er hoffnungsfroh. Die Stimmung im Bierstadl kühlte jedoch ein wenig ab. Sie wurde besser, als er auf die Mai-Feier der SPÖ in Wien zu sprechen kam, bei der angeblich der "Kopftuchsektor" immer größer wird: "Dem Vernehmen nach gibt es gar keine Wiener Würstel mehr, sondern nur mehr Kebap und Falafel."

Nach ihm gab es wieder die Aufforderung, Strache "mit tosendem Applaus" zu begrüßen – fast alle klatschten mit. Der Parteichef nahm "die höchste Arbeitslosenrate der Zweiten Republik" ins Visier. "Das einzige Mittel, sie zu senken, ist ein Stopp der Massenzuwanderung." Kriminelle Zuwanderer und Asylmissbrauch lauteten weitere Schwerpunkte. Nach Seitenhieben in Richtung Rot und Schwarz prophezeite er, dass es der FPÖ möglich sei, bei der EU-Wahl Platz zwei oder sogar den ersten Platz zu erreichen. Und zum Abschluss ertönte die Bundeshymne. "Fesch war’s", resümierte ein Mann mit Bauch und bestellte sich ein Bier.

"Wir marschieren nicht, wir arbeiten", ließ der Vizekanzler gleich zum Auftakt wissen: ÖVP-Chef Michael Spindelegger verbrachte den Tag der Arbeit nicht auf der Straße, sondern gemeinsam mit EU-Mandatar Othmar Karas am Frühstückstisch – dort widmeten sich die beiden gemeinsam mit Jugendlichen Europa­themen. Die Begründung für den "Politics Slam" genannten EU-Vormittag in der Politischen Akademie war schnell gefunden: "Die EU schafft auch Arbeit in Österreich, daher ist der Tag der Arbeit auch ein Europatag", so Karas. Spindel­egger setzte nach: "Seien wir froh, dass wir dort dabei sind." Denn viele Arbeitsplätze in Österreich würden von der Union abhängen; seit dem Beitritt seien 375.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden – und 70 Prozent der heimischen Exporte gingen in die EU. Die größte Wunde sei die Jugendarbeitslosigkeit – die wollen die VP-Politiker mit dem "österreichischen Erfolgsmodell" der dualen Berufsausbildung bekämpfen. Ob diese Kampagne aufgeht, wird sich weisen – dass Spindelegger auch bei einer Niederlage an der Spitze der Partei bleiben soll, wird hingegen nicht bezweifelt: "Ich habe kein Interesse, daran zu rütteln", stärkte Tirols ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter Spindelegger den Rücken. Den Anspruch, Erster zu werden, habe man aber natürlich dennoch.