Politik/Inland

Pröll lässt Fischer abblitzen

Just während die Landesfürsten am Mittwoch auf Burg Schlaining im Südburgenland zur Landeshauptleutekonferenz zusammentrafen, sprach sich Bundespräsident Heinz Fischer in einem Interview mit der Kleinen Zeitung für eine Beschneidung der Macht der Länder aus. Fischer sagt, dass sich das Kräfteverhältnis zwischen Bund und Ländern zugunsten der Länder verschoben hat. Bis 2018 wünscht er sich deshalb eine neue Verfassung, die diese Frage in den Mittelpunkt stellt.

Der Vorstoß des Bundespräsidenten war bei der Landeshauptleute-Tagung offiziell kein Thema. Niederösterreichs Landeschef Erwin Pröll kommentierte Fischers Vorstoß nur mit einem Satz: "Von einem Zentralisten ist nichts anderes zu erwarten." Verbindlicher reagierte der amtierende Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz und Fischer-Parteifreund, Hans Niessl: "Wir sind immer gesprächsbereit für eine moderne Verfassung." Darin sollte vor allem das Persönlichkeitswahlrecht gestärkt werden und der Bundesrat aufgewertet werden. Niessl kann sich auch vorstellen, Kompetenzen wie Bauvorschriften oder Datenschutz an den Bund abzugeben.

In Sachen Schule wünschen sich die Länder, dass sie auch bei Bundesschulen für die Lehrer zuständig sind. Bei der Bildungsministerin sind sie bisher damit abgeblitzt. Auf der "Friedensburg" kam es zu einer Aussprache mit Gabriele Heinisch-Hosek. Sie zeigte sich erstmals gesprächsbereit für eine ergebnisoffene Diskussion über die Schulverwaltung. Heinisch-Hosek sagte, dass "der Bildungsdialog ent-blockiert" sei. Niederösterreichs Landeschef Erwin Pröll hatte als Ergebnis der Aussprache mehr erwartet und zeigte sich "überrascht", dass die Ressortchefin in dieser Sache "nicht beweglicher war".

Ausbildungspflicht

Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat mit den Ländern die Ausbildungsverpflichtung besprochen, die ab dem Schuljahr 2016/’17 kommen soll. Derzeit machen rund 9000 Schüler nach der Pflichtschule keine Ausbildung. Für diese Jugendlichen wird in Zukunft eine Ausbildung verpflichtend.

Einig sind sich die Landeshauptleute bei der Forderung an den Bund, die Breitbandoffensive fortzusetzen. Die Länder sind bereit, ihren finanziellen Beitrag zu leisten.

In einem Kleinstaat wie Österreich hätten die Länder zu viel Macht. Das monieren Experten seit Langem. Zuletzt tat das Ex-Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler im KURIER. Gegen neun Bundesländer sei er nicht, „nur gegen Strukturen und Bedingungen unseres Föderalismus“.

Damit spricht Fiedler aus, was die Mehrheit der Österreicher denkt: 52 Prozent sind dafür, dass die Länder Kompetenzen an den Bund geben; das ergibt eine OGM-Umfrage für den KURIER. Ein insofern erstaunliches Ergebnis für OGM-Frau Karin Cvrtila, als für die Bürger grundsätzlich gelte: „Je näher die Ebene, desto positiver sind sie eingestellt – beginnend von der Gemeinde über das Land, den Bund bis zur EU.“ In dem Fall sei das anders: „Wegen der politischen Streitereien über die Kompetenzen. Dazu kommen die Finanzskandale in Salzburg und Kärnten; das ist in den Köpfen hängen geblieben. Die Bevölkerung sieht auch, dass es Einsparpotenzial gibt.“ Etwa in der Schulverwaltung, im Gesundheitsbereich (Spitäler), bei Förderungen.

Am meisten drängen Grün-Anhänger darauf, dass die Länder von Kompetenzen lassen (83 %), gefolgt von Neos- (78 %) und Blau-Fans (68 %). Bei den SPÖ-Sympathisanten ist es eine Mehrheit von 46 zu 35 Prozent. Lediglich ÖVP-Wähler möchten mehrheitlich, dass alles bleibt, wie es ist (44 zu 39 %). Das liege daran, dass nur Rote und Schwarze Landeshauptleute stellen, erläutert Cvrtila. Nur auf den ersten Blick bemerkenswert: Mehr Ältere als Junge möchten die Länder machtpolitisch beschneiden. Der Grund: „Sie beobachten schon lange genug, wie die Länder mit Geld umgehen. Sie heben keine Steuern ein, verteilen aber Geld.“

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Bundespräsident Heinz Fischer wünscht sich in der Kleinen Zeitung eine neue Verfassung im Jahr 2018, zum 100. Geburtstag der Republik. Das Kräfteverhältnis habe sich zugunsten der Länder verschoben. Landeshauptmann Erwin Pröll vermutet sofort den Angriff eines "Zentralisten".

In der österreichischen Realverfassung könnte man jetzt schon das Ende der Debatte ausrufen. Jeder hat einmal seinen Standpunkt formuliert. Dankeschön.

Das war bisher immer so. Aber jetzt steht uns das Wasser bis zum Hals. Steuer- und bürokratiemäßig. Wir Steuerzahler fühlen uns endgültig missbraucht. Nichts wird verändert in diesem Land, außer der Steuersatz, der wir immer höher.

Viele Reformen gingen ohne neue Verfassung. Die teuren Doppelgleisigkeiten ließen sich leicht reduzieren, die "mittelbare Bundesverwaltung" kann verstärkt eingesetzt werden: Der Bund beschließt Gesetze, die Länder müssen sie vollziehen, der zuständige Minister kann dem Landeshauptmann Weisungen erteilen.

Aber natürlich müssen wir auch über eine neue Verfassung nachdenken. Die EU ist als zusätzliche Verwaltungsebene dazugekommen. Jedes Unternehmen würde da genau prüfen, was sich bewährt hat und was neu geordnet werden muss. Und auch im Staat wäre das – theoretisch – gar nicht schwer: Was regelt der Bund, welche Aufgabe übernimmt der Bezirk, welche das Land? Sobald das geklärt ist, wird man draufkommen, dass wir zu viele und zu teure Institutionen haben.

Aber solange Landespolitiker entscheiden, wer in den Bundesparteien und im Nationalrat das Sagen hat, hilft auch keine neue Kompetenzverteilung.