Politik/Inland

Rückkehrverbot für Kurz & Co.? "Nicht ernst zu nehmen"

Geht es nach dem Willen des Jetzt-Justizsprechers Alfred Noll, soll es künftig ein temporäres Rückkehr-Verbot für Regierungsmitglieder geben, die durch ein Misstrauensvotum im Nationalrat aus ihrem Amt entfernt wurden.

Einen entsprechenden Antrag will der Abgeordnete in der kommenden Nationalrats-Sondersitzung am Donnerstag einbringen, kündigte der Jurist am Dienstag an.

Aber wäre das eine sinnvolle Maßnahme?

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Der Politologe Peter Hajek meint: nein. Beim Misstrauensantrag gegen die türkis-blaue Regierung von Sebastian Kurz, die im Zuge des Ibiza-Skandals die vorgezogenen Neuwahlen am 29. September ausgelöst hat, habe es sich um ein "polit-taktisches Manöver" gehandelt, analysiert Hajek. Daher wäre seiner Meinung nach auch ein daraus resultierendes Rückkehrverbot ins bisher ausgeübte Amt "kein sinnvoller Weg".

"Dem Wahlkampf geschuldet"

Alles in allem sei der Vorschlag wohl dem Wahlkampf geschuldet, meint Hajek.

Noll argumentiert, dass die Mitglieder des Nationalrates, nicht aber die Regierungsmitglieder gewählt würden. Ein Misstrauensvotum sei zudem die stärkste Waffe, welche der Volksvertretung gegen die Regierung zur Verfügung stehe. Diese Waffe würde ihre Wirkung verfehlen, wenn dieselben Personen gleich darauf wieder zu Regierungsmitgliedern ernannt werden könnten.

Dem hält Hajek entgegen, dass sich "die Verfassungsväter etwas dabei gedacht haben werden", sonst wäre eine solche Regelung bereits damals in der Verfassung verankert worden.

Zudem gebe es ohnehin den Bundespräsidenten als "verfassungsrechtliche Notbremse", dem es obliege, bestimmte Personen nicht anzugeloben.

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Er sei zwar kein Verfassungsxperte, so Hajek, aber er sehe "die Verfassung in ihrer Verfasstheit gut aufgestellt". Grundsätzlich wäre er "vorsichtig, jemanden für länger von einem Ministeramt auszuschließen".

Verfassungsxperte Funk: "Nicht ganz ernst zu nehmen"

Für den renommierten Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk ist der Vorschlag der Liste Jetzt wiederum ein "Kuriosum“, das "eher nicht ganz ernst zu nehmen“ ist.

Warum?

"Das Instrument zur Entlassung einer Bundesregierung ist ein politisches.“ Wenn sich die politischen Mehrheiten im Parlament nach einer Nationalratswahl ändern, dann könne damit natürlich auch ein zuvor von der Parlamentsmehrheit abgewählter Bundeskanzler wieder ins Amt gelangen.

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Unjuristisch ausgedrückt besteht das Problem darin, dass in einer Demokratie die Wähler frei darüber entscheiden dürfen, welche Partei und welchen Spitzenkandidaten sie als Bundeskanzler oder –kanzlerin haben wollen.

Im schlimmsten Fall würde ein gesetzliches Rückkehrverbot dieser Entscheidung der Wähler widersprechen und damit möglicherweise sogar eine demokratische Krise erzeugen – was etwa passiert in dem Fall, in dem die Wähler mit absoluter Mehrheit eine Partei und einen Kandidaten wählen, der verfassungsrechtlich gar nicht Kanzler werden darf?

Funk: "Wenn man wirklich ein Rückkehrverbot in der Verfassung verankern wollte, dann wäre das ein massiver Eingriff in unser parlamentarisches System. Und zwar so massiv, dass man vermutlich nicht nur ein Verfassungsgesetz, sondern auch eine Volksabstimmung benötigen würde.“

Ablehnung von ÖVP und FPÖ

Politisch war Nolls Vorstoß ohnehin von Anfang an schwer unrealistisch, bräuchte es doch eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat, um dieses Verfassungsgesetz zu beschließen. ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer hatte den Vorschlag umgehend als "jenseitig" qualifiziert.

Und auch die FPÖ hält nichts von einem gesetzlichen Rückkehr-Verbot für abgewählte Bundeskanzler. „Wir werden den Vorschlag der Liste Jetzt nicht unterstützen“, sagt ein Sprecher von Klubchef von Herbert Kickl zum KURIER.

Warum? „Mit einer Wahl bringt der Souverän, also die Wähler, zum Ausdruck, wen man mit Vertrauen ausstattet. Für uns ist der Wählerwille die relevante Messlatte. Das sollte man nicht durch ein Gesetz beschränken.“