Pflege: Laut Hilfswerk fast eine Milliarde Euro nötig
"Jetzt stehen wir schon wieder hier", sagt Othmar Karas, Präsident des Hilfswerks, am Freitag bei einer Pressekonferenz zum Thema Pflegereform. "Schon wieder", weil diese Reform seit Jahren angekündigt, aber nie umgesetzt wurde. Karas ortet ein "eklatantes Politikversagen".
Neben einer Personaloffensive zur Schließung der Lücke von rund 100.000 fehlenden Beschäftigten fordert er eine Stärkung der pflegenden Angehörigen, für die eine knappe Milliarde Euro nötig wäre.
Zur Ankündigung von Sozialminister Johannes Rauch (Grüne), bis zum Sommer einen Plan vorzulegen, fordert Karas "Schluss mit den Ankündigungen und Überschriften: Handelt endlich". Er verlangt "einen Kurswechsel von der Ankündigung zur Tat".
Personaloffensive als Kernstück
Konkret fordert Karas ein Gesamtkonzept, das von Wertschätzung gegenüber Pflegenden und Respekt für Hilfsbedürftige getragen sein müsse. Und die Menschen müssten im ganzen Land gleich behandelt werden, Österreich sei zu klein, dass der Wohnsitz darüber entscheide, wer wie betreut wird und wieviel Geld bekomme.
Ein Kernstück müsse eine Personaloffensive sein, um die Lücke von rund 100.000 fehlenden Beschäftigten in den nächsten Jahren zu schließen. Und besonderes Augenmerk will das Hilfswerk auf die Pflege zu Hause und die pflegenden Angehörigen legen. Diese seien für die Politik bisher "ein blinder Fleck". Dabei würde jede Hilfe für sie die Kosten im Pflegebereich dämpfen, weil die Menschen dann nicht so schnell in die Pflegeheime kämen.
Nach Berechnungen des Hilfswerks wäre für die Stärkung der Pflege zu Hause und die pflegenden Angehörigen eine knappe Milliarde Euro nötig. "Das ist nicht viel", sagt Karas, wenn man bedenkt, dass in anderen Ländern deutlich mehr für den Bereich Pflege ausgegeben wird. Österreich würde sich mit der Milliarde mehr lediglich annähern.
Gesundheit der pflegenden Angehörigen leidet
Rund eine Million Mensch in Österreich sind pflegende Angehörige. Die Hälfte von ihnen ist über 60, ein Viertel über 70. Mehr als die Hälfte der Pflegebedürftigen wird vom (Ehe)-Partner oder der Partnerin betreut. 30 Prozent geben an, dass ihre psychische oder physische Gesundheit wegen der Betreuungsaufgabe leidet.
Konkret listet das Konzept 172 Mio. Euro für den Ausbau der mobilen Dienst auf. Im Zusammenhang mit dem im Regierungsprogramm vorgeschlagenen "pflegefreien Tag" pro Monat werden für den Ausbau der mehrstündigen Tagesbetreuung 421 Mio. Euro veranschlagt, wobei zehn Millionen Einsatzstunden pro Jahr angenommen werden.
Weitere 20 Millionen sind für den Ausbau der psychosozialen Unterstützung vorgesehen. 63 Mio. Euro enthält das Konzept für eine gerechtere Ausgestaltung der Eigenbeiträge für die mobilen Dienste.
Da für das Pflegegeld viele Personen zu niedrig eingestuft sind, rechnet das Hilfswerk für eine adäquate Einstufung mit weiteren 50 Mio. Euro.
Und schließlich werden bei der 24-Stunden-Betreuung für eine Valorisierung der seit 2007 nicht mehr angehobenen Beträge sowie für eine Weiterentwicklung des Fördermodells in Richtung Fairness und Qualität insgesamt 220 Mio. Euro angenommen. In Summe macht das 946 Millionen Euro.