Politik/Inland

Pflanzenverbot: Regierung startet Kampf gegen Cannabis

Marihuana, Haschisch, Weed, Gras: Es gibt unzählige Wörter im heimischen Sprachgebrauch für die Cannabis-Pflanze. Die EU-Drogenagentur schätzt, dass mehr als 23 Prozent der Österreicher im Laufe ihres Lebens Kontakt mit Cannabis haben; 14,1 Prozent, das sind über 1,2 Millionen Österreicher, haben in den vergangenen zwölf Monaten Cannabis konsumiert.

Und obwohl die Behörden momentan den Besitz geringer Mengen tolerieren, gibt es dennoch jedes Jahr zahlreiche Anzeigen und Verurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz (SMG): 2017 sind die Anzeigen das fünfte Jahr in Folge gestiegen, und das besonders stark: von 36.235 auf 42.610, ein Plus von 17,6 Prozent. Laut Suchtmittelbericht betrafen 34.686 Fälle Cannabis-Vergehen, das sind vier von fünf Anzeigen.

Bei den Verurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz wird in der Statistik nicht nach Art der Drogen unterschieden, insgesamt gab es im Vorjahr jedenfalls 9058 Verurteilungen. All diese Zahlen dürften künftig deutlich steigen, wenn die Regierung ihre Pläne umsetzt.

Anders als bei gängigen starken Drogen müssen Cannabis-Konsumenten nicht unbedingt einen Dealer finden, sie können ihre Hanf-Pflanzen selbst züchten. Dutzende so genannte Grow-Shops in ganz Österreich bieten Samen und Stecklinge frei zum Verkauf an. Nach vorsichtigen Schätzungen werden allein im Raum Wien bis zu 300.000 Stecklinge pro Monat verkauft, sagt der Obmann der Arge Canna, Gerfried Düregger. Schätzungen, wie viele in ganz Österreich verkauft werden, gibt es nicht.

Genau da wird es aber heikel: Denn der Kauf ist grundsätzlich nur möglich, solange die Pflanze jung ist, und nicht den psychoaktiven Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) produziert hat – und sich der Verkäufer versichert, dass der Käufer die Hanfpflanze nur als Zimmerpflanze verwendet, und keine Absicht hat, diese zu konsumieren (weder als Rauchware noch als Nahrungsmittel verarbeitet).

Liberalisierung vom Tisch

Eine Liberalisierung des Cannabis-Konsums, wie es viele andere Staaten diskutieren oder bereits gesetzlich verankert haben, plant die türkis-blaue Regierung nicht.

Ganz im Gegenteil: Die Bundesregierung will den Kampf gegen Cannabis jetzt aufnehmen.

Erstens wird jetzt geprüft, wie sinnvoll Cannabis-Medikamente, vor allem bei der Schmerztherapie, sind (siehe Interview unten). Der klinische Pharmakologe und Med-Uni Wien-Rektor Markus Müller, Leiter des Obersten Sanitätsrates, ist jedenfalls skeptisch.

Zweitens soll das Strafrecht beim SMG verschärft werden, „um insbesondere Minderjährige zu schützen“ – so steht es im Regierungsprogramm.

Und drittens will die Regierung ein „Verbot des Verkaufs von Hanfsamen und Hanfpflanzen“. Damit wird die rechtliche Grauzone, ob die Pflanzen wirklich nur als Zierpflanzen verkauft werden oder vielleicht doch mit der Absicht, sie zu konsumieren, beendet.

Innen- wie auch Justizministerium wollen noch keinen Zeitpunkt nennen, wann die Verschärfungen kommen. „Innerhalb der Legislaturperiode auf jeden Fall noch“, versichert Josephine Raimerth, die Sprecherin von Justizminister Josef Moser gegenüber dem KURIER.

Unklar ist auch, ob ein solches Verkaufsverbot nur THC-haltige oder alle Hanfpflanzen treffen würde. Wobei zweiteres laut dem Strafrechtsexperten Alois Birklbauer möglicherweise sogar Probleme auf EU-Ebene bringen könnte.

Hoffen auf Umdenken

Peter Kolba, bis Juni Nationalratsabgeordneter der Liste Pilz und selbst Schmerzpatient, hofft jedenfalls noch auf ein Umdenken im Zuge der parlamentarischen Debatte, „auch bei den Regierungsparteien“. Er bedient sich seit Jahren CBD-haltigen Marihuanas zur Schmerzlinderung. Diese Pflanzen enthalten nur das nicht psychoaktive, wohl aber krampflösende und angsthemmende CBD (Cannabidiol).

Kolba plädiert überhaupt dafür, einen legalen Markt für CBD-Hanf zu schaffen, um die Produkte zu verbilligen. Das könnte dann in einem weiteren Schritt dazu führen, dass irgendwann auch Krankenkassen die Kosten für Schmerzmittel auf Hanfbasis übernehmen.

Der Cannabispflanzen-Handel ist ob des Regierungsvorhabens jedenfalls längst in Aufruhr.

Der heimische Marktführer Flowery Field hat etwa bereits in der Toskana einen Betrieb eröffnet, um jedenfalls weitermachen zu können, sollten sich Gesetze in Österreich ändern.

„Es gibt ein Rechtsgutachten, dass bei einem Verbot von Samen und Pflanzen mindestens fünf Jahre Übergangszeit für die Betriebe eingerechnet werden müsste. Man kann nicht einfach sagen, wir verbieten das jetzt und die Unternehmen sitzen auf ihren Investitionskosten“, erklärt hingegen Düregger von der Arge Canna.

Kein Problem mit einem Cannabis-Aus hätte im Gegenzug die Landwirtschaftskammer: „Hanf hat eine so geringe Bedeutung, auch ein Totalverbot hätte keine Folgen für die Landwirtschaft in Österreich“.