Politik/Inland

Schlacht um bessere Argumente

Wehrpflicht und Zivildienst kontra Berufsheer und freiwilliges soziales Jahr: Am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ ging es zwischen Verteidigungsminister Norbert Darabos und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nochmals darum, die Österreicherinnen und Österreicher für das jeweilige Modell eines Zukunftsheeres zu überzeugen.

Neue Akzente brachte die Debatte mit dem Verteidigungsminister: Es ging um die Frage, ob nicht der einjährige freiwillige Sozialdienst zu einer attratktiven Jobmöglichkeit für Arbeitssuchende aus der EU wird (1386 Euro brutto monatlich ist, 14-mal). Darabos verwies diese Frage an den Sozialminister.

In der Europäischen Union gilt der freie Personenverkehr und die Niederlassungsfreiheit. „Grundsätzlich ist es möglich, dass EU-Bürger am sozialen Jahr teilnehmen“, bestätigt Sozialminister Rudolf Hundstorfer dem KURIER. Wer aufgenommen wird, entscheiden die Trägerorganisationen. Sehr gute Deutschkenntnisse seien Bedingung, betont der Minister. 8000 Personen will man jährlich als Ersatz für die Zivildiener gewinnen.

Er befürchtet keinen Ansturm sehr gut ausgebildeter Osteuropäer mit perfekten Deutschkenntnissen. „Krankenschwestern, Ärzte und Pflegeberufe stehen auf der Mangelberufsliste. Interessierte können heute schon problemlos zuwandern“, erklärte Hundstorfer.

Schwenk

Beide Minister versuchten ihren jeweiligen Schwenk in der Sicherheitspolitik zu erklären. „Man kann ja gescheiter werden“, zitierte Darabos den ehemaligen deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer. Seine Position für ein Berufsheer begründete der Minister mit „neuen Bedrohungen (Terrorismus, Cyber-Kriminalität, internationale Einsätze). Dafür würde Österreich Profi-Soldaten und -Soldatinnen brauchen. Erneut betonte er, dass ein Berufsheer mit der der Aufrechterhaltung Neutralität kompatibel sei.

ÖVP-Warnung

Innenministerin Mikl-Leitner beschrieb eindringlich die Konsequenzen bei einem Aus für Wehrpflicht und Zivildienst. Sie warnte vor den Mehrkosten in Höhe von zwei Milliarden Euro für ein Profi-Heer. Derzeit sind zwei Milliarden Euro für Verteidigung budgetiert.

Mit Verve verteidigte sie den bestehenden Zivildienst. Sieben von zehn Zivildienern würden auch nach ihrer Tätigkeit freiwillig für eine soziale Organisation zur Verfügung stehen. Außerdem prophezeite sie erneut eine Gefährdung des Katastrophenschutzes sowie längere Wartezeiten auf die Rettung. Das Fazit von Johanna Mikl-Leitner ist: Bewährtes reformieren, statt mit Unbekanntem experimentieren.

Horrorszenarien

Heftig fielen die Reaktionen auf beide Minister aus: SPÖ-Klubobmann Josef Cap warf der Innenministerin „unglaubwürdige Horrorzenarien“ vor, SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter attestierte Mikl-Leitner „völlige Ahnungslosigkeit“.

ÖVP Generalsekretär Hannes Rauch sagte, die SPÖ würde „Rekrutierungsprobleme in ganz Europa schönreden. Außerdem halte Darabos Studien zurück und verpasse Offizieren „Maulkörbe“.

Scharfe Kritik an Darabos kam von der FPÖ. Parteichef Heinz-Christian Strache attestierte ihm „völlige Hilflosigkeit“. Der ÖVP warf er „Mitschuld“ am derzeitigen schlechten Zustand des Bundesheeres vor.

Erstmals werden die Bürger abseits einer Wahl bundesweit befragt. Entsprechend nervös sind die Parteistrategen. Rote und Schwarze mobilisieren bis zum Sonntag noch auf Teufel komm raus.

„Wir stützen uns in erster Linie auf das Personenkomitee von Hannes Androsch und die Plattform ,Frauen für das Berufsheer“, sagt SPÖ-Geschäftsführer Günther Kräuter. Besonders im Visier seien Junge, erläutert der Sprecher des Androsch-Komitees, Bernd Sebor: „Es gibt noch viele Veranstaltungen an Schulen und Unis. Dorthin schicken wir jüngere Mitglieder des Komitees.“

Die Proponenten des ÖVP-Komitees rund um Veit Sorger touren ebenfalls intensiv. „Es gibt Hausbesuche. Und Tausende Mitglieder werden österreichweit angerufen“, sagt ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch.

Es wird eine mediale Schlacht bis zur letzten Minute. Im ORF, in Privatkanälen – täglich werden sich Rote und Schwarze duellieren. Am meisten gefordert sind SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos und ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Ihr Parteichef, Vizekanzler Michael Spindelegger, will auch noch face to face werben: ab Mitte der Woche in den Bundesländern Vorarlberg, Salzburg und Tirol. Zum Leidwesen der SPÖ hat die ÖVP viele Helfer. Von Blaulichtorganisationen wird bei Bezirksveranstaltungen Stimmung für den Zivildienst gemacht.

Wer an der Volksbefragung teilnehmen will, aber am Sonntag nicht in seinem Wahllokal abstimmen kann, sollte sich bei der Beantragung einer Stimmkarte beeilen. Zwar können Stimmkarten noch bis Mittwoch schriftlich und bis Freitag mündlich beantragt werden. Man muss aber auch den Postweg berücksichtigen.

Wahlkarten

Der Leiter der Wahlbehörde im Innenministerium, Robert Stein, rät daher die Stimmkarte am Mittwoch oder spätestens am Donnerstag per Post zurückzuschicken. Die Wahlkarten müssen bis Wahlschluss um 17 Uhr am Sonntag eingelangt sein, damit sie zählen.