Omikron-Welle: Epidemiologe will Impfpflicht "neu bewerten"
Von Christian Böhmer
Noch ehe die Impfpflicht formal gilt, will sie der Epidemiologe Gerald Gartlehner überdacht wissen. Im Interview mit der ZIB2 (siehe Video oben) stellte der Gesundheitswissenschafter Dienstagabend die Impfpflicht vor dem Hintergrund der anrollenden Omikron-Welle infrage. "Wir müssen davon ausgehen, dass wir nach der Omikron-Welle ein Ausmaß an Immunität in der Bevölkerung erreicht haben werden, wie wir es während der Pandemie noch nie hatten."
Dieser Immunschutz werde "vor allem gegen schwere Infektionen" wirken. "Und daher muss man die Impfpflicht nach der Omikron-Welle auch neu bewerten."
Sehr klar äußerte sich Gartlehner auch zur Frage nach dem bereits diskutierten vierten Stich. Dieser sei für "vulnerable Gruppen" wie ältere Patienten oder auch für Bewohner von Pensionistenwohnheimen wohl geboten. Für die gesamte Bevölkerung schließt Gartlehner den vierten Stich derzeit aber aus: "Wenn jetzt keine neuen Varianten kommen, werden wir das (den vierten Stich, Anm.) nach der Omikron-Welle nicht mehr brauchen."
Der Epidemiologe plädiert auch dafür, das Quarantäne-Regime deutlich zu überarbeiten - andernfalls sei angesichts der Wucht von Omikron "bald das halbe Land" in Quarantäne. "Wir können die Omikron-Welle nicht verhindern, wir können sie nur dämpfen. Und auch die Kontakt-Nachverfolgung wird zusammenbrechen."
Was bedeutet das fürs Freitesten? Gartlehner plädiert dafür, dass Personen, die Kontakt zu Infizierten hatten aber negativ sind, sich schon nach drei bis vier Tagen freitesten können sollen. Und selbst positiv Getestete, die keine Symptome aufweisen, sollten sich nach fünf anstatt wie bisher zehn Tagen freitesten können.