Politik/Inland

Öl statt Gas: Wirtschaftskammer drängt auf Verfassungsgesetz für Betriebe

Europa ist in einer Energiekrise, die EU-Kommission hat die Staaten ersucht, rund 15 Prozent Gas einzusparen. Österreichs Erdgasspeicher sind mit 78 Terawattstunden (der Speicherstand betrug am Donnerstag 81 Prozent) derzeit recht gut gefüllt.

Die Politiker appellieren eindringlich, so wenig Gas wie möglich zu verbrauchen, um für alle Fälle auch im Winter gerüstet zu bleiben. Denn Erdgas muss herangezogen werden, um im Notfall Strom zu produzieren. Grund: Durch die Trockenheit produzierten die Laufkraftwerke in diesem Jahr um 38 Prozent weniger Strom. Gibt es auch zu wenig Windkraft, müssen Gaskraftwerke einspringen.

Während Privatpersonen das Thermostat zurückdrehen oder kürzer duschen können, stehen mittelständische Betriebe vor einem veritablen Problem. Viele können angesichts der hohen Gaspreise kaum positiv bilanzieren. Eine Option wäre der Wechsel ihres Energieträgers von Gas auf Öl (oder Biomasse).

Aber das ist alles andere als einfach und muss von den zuständigen Landesbehörden erst in einem Anlagenverfahren genehmigt werden, das mehrere Monate oder sogar Jahre dauern kann, da unter anderem Sachverständige im Detail prüfen müssen. Zudem muss auf Einwände eingegangen und auf etwaige Nachbesserungen Rücksicht genommen werden.

„Fuel Switch“

Für einen schnellen „Fuel Switch“, also einen Wechsel des Energieträgers, sei das kein gangbarer Weg, kritisiert die Wirtschaftskammer. Eine rasche Änderung des jeweils betroffenen Anlagenrechts, Verwaltungsverfahrensgesetzes oder des Energielenkungsgesetzes sei laut Wirtschafts- und Klimaministeriums so schnell nicht machbar. Ein von der Wirtschaftskammer beauftragtes Rechtsgutachten, das der Umwelt- und Energierechtsexperte Stephan Schwarzer verfasst hat, soll nun zum Schluss kommen, das nur ein schnell beschlossenes „Bundesverfassungsgesetz für die Erdgassubstitution“ Abhilfe schaffen könnte. Dieses würde auf drei Jahre befristet sein und einen flexiblen und mehrfachen Wechsel von Energieträgern erlauben. Die Behörde müsse nur mehr informiert werden, das gelte dann als Genehmigung, und durch die Verfassungsbestimmung würden alle weiteren Bestimmungen des Bundes- und Landesrechts ausgehebelt.

Eine Verfassungsänderung können Türkis und Grün im Parlament nicht alleine beschließen. Sie bräuchten auch Stimmen von SPÖ oder FPÖ. Mit den Sozialdemokraten liefen bereits vielversprechende Gespräche, versicherten die WKÖ-Experten.

Grundsätzlich ist für so ein Gesetz das Wirtschaftsministerium zuständig.

Seitens des Klimaministeriums von Leonore Gewessler heißt es zum KURIER: „Wir müssen in der aktuellen Situation und der angespannten Lage in der Erdgasversorgung aufgrund des völkerrechtswidrigen Kriegs gegen die Ukraine sorgsam mit Energie – und ganz besonders mit Erdgas – umgehen. Dazu gehört auch, Erdgas wo möglich durch andere Energieträger zu ersetzen. Genau aus diesem Grund hat das Klimaschutzministerium dem Hauptausschuss auch eine Verordnung vorgelegt, die diese Umrüstung vorsieht. Leider hat diese Verordnung im Hauptausschuss bisher nicht die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit gefunden. Wir haben dazu auch die Vorschläge für ein Gesetz im Verfassungsrang erhalten und geprüft. Diese Prüfung hat ergeben, dass weitreichende Bedenken bestehen ob ein solches „Sondergesetz“ mit den geltenden europarechtlichen Vorschriften in Einklang steht. Zudem stehen bereits jetzt einfachere und raschere Möglichkeiten für den „Fuel Switch“ zur Verfügung. Selbstverständlich werden wir zu all diesen Fragen auch weiterhin das Gespräch mit der Wirtschaft und der Industrie suchen. Dazu gehört etwa eine mögliche einfachgesetzliche Änderung im „Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen“ oder in der Gewerbeordnung. Im Bereich der Zuständigkeit des Klimaschutzministeriums haben wir etwa in der Abfallverbrennungsverordnung bereits analoge Regelungen vorgesehen, die einen „Fuel-Switch“ ermöglichen.“

Die Zeit drängt, es gibt aber offenbar noch Gesprächsbedarf.