Politik/Inland

Nahost-Konflikt strahlt auch in die Schulen aus

Die Terrorangriffe der Hamas und ihre Folgen beschäftigen auch die heimischen Schulen. Es gebe vermehrt Diskussionen und, je nach Standort, auch Meinungsverschiedenheiten in den Klassenzimmern, berichtete Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) am Donnerstag vor Journalisten. Gleichzeitig seien die Schülerinnen und Schüler über soziale Medien wie Tik Tok auch mit vielen Falschnachrichten konfrontiert. Die Schulen sieht Polaschek aber für den Umgang damit gut gerüstet.

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Die Lehrerinnen und Lehrer stünden aktuell vor einer komplexen Herausforderung, räumte der Ressortchef ein. Bilder aus Nahost und von Demonstrationen für und gegen Israel würden die Schülerinnen und Schüler teilweise belasten, jedenfalls aber viele Fragen aufwerfen. Dementsprechend müssten die aktuellen Vorgänge auch im Unterricht behandelt werden. In Fächern wie Geschichte und Politische Bildung seien die Lehrer explizit dazu aufgefordert, das zu tun. Kämen besonders viele Fragen, werde man sich in der Mathematikstunde aber genauso damit beschäftigen, so Polaschek. "Das wird man aufgrund der Dynamik in der Klasse entscheiden."

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Entsprechende Materialien für Lehrer gebe es schon länger, verwies er etwa auf das Angebot erinnern.at vor allem zum Holocaust. Auch über die Eduthek können Lehrer Lehrmaterial zu Themen wie Antirassismus, Menschenrechte und konkret zum Konflikt im Nahen Osten abrufen, außerdem sei eine eigene Online-Fortbildungsreihe dem Thema gewidmet. Zusätzlich verwies Polaschek auf die nationale Strategie gegen Antisemitismus, die Empfehlungen für Schulleiter, Unis, Pädagogische Hochschulen, Bildungsdirektionen und Bildungsministerium für die Bekämpfung von Antisemitismus gibt. Für Schüler, die der Konflikt speziell belastet, gebe es auch psychosoziale Unterstützung.

Viele Fragen

Eines sei jedenfalls klar, so Polaschek: Schule seien Orte der Toleranz, der Vielfalt und des gegenseitigen Respekts. "Antisemitismus, Extremismus oder Gewalt haben hier keinen Platz." Derzeit sei man in den Klassen weniger mit extremistischen Äußerungen konfrontiert als mit vielen Fragen, berichtete bei dem Termin René Bachmayer, der am Gymnasium Purkersdorf Geschichte und Deutsch unterrichtet und auch in der Lehrerausbildung tätig ist. Freilich könne sich die Lage je nach Schule und religiösem und kulturellem Hintergrund der Kinder und Jugendlichen unterscheiden, etwa wenn jemand Verwandte in der Region habe oder über die Familie viel zum Thema mitbekomme.

Die Geschehnisse im Nahen Osten seien zwar Thema in der Schule, bisher gebe es aber keine Rückmeldungen von den Lehrerinnen und Lehrern, dass es irgendwo gröbere Probleme gegeben habe, hieß es zuletzt auch vom obersten Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) im APA-Gespräch. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Sozialdemokratischen LehrerInnen Österreich (SLÖ) Thomas Bulant. Die größere Herausforderung sei derzeit die angespannte Personalsituation, die durch Krankheitsausfälle verschärft werde.

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Soziale Medien

Vor allem die älteren Schüler würden den Konflikt über Tik Tok und andere soziale Medien mitbekommen, aber relativ wenig darüber wissen, schilderte Bachmayer die Ausgangslage. Aufgabe der Lehrer sei es in dieser Situation, ihnen die historischen Hintergründe zu erklären und im Sinne der Medienkompetenz zu zeigen, wie man vertrauenswürdige Informationsquellen erkennen und Falschinformationen identifizieren kann. "Es ist wichtig, sich die Zeit zu nehmen und das zu erklären."

Er plädierte auch dafür, klar zu unterscheiden, was eine berechtigte Frage zum Israel-Palästina-Konflikt sei und was eine extremistische Äußerung. Dass - wie zuletzt bei Demos - Israel das Existenzrecht abgesprochen würde, habe er trotz durchaus kontroverser Diskussionen im Klassenzimmer nicht gehört.

Für jene Fälle, in denen Lehrer Radikalisierung feststellen, soll allerdings sofort Unterstützung angefordert und auch die Sicherheitsbehörden informiert werden, betonte Polaschek. In den vergangenen Monaten habe man generell eine "zunehmende Radikalisierung feststellen müssen". Seit dem Frühjahr gebe es deshalb auch kostenlose Workshops gegen Extremismus, die präventiv oder bei Bedarf auch Sofortmaßnahme angefragt werden.