Politik/Inland

Bilanz zum U-Ausschuss: "Da wurde ein Staat im Staat aufgebaut"

Es war ein Fernduell. Sowohl der Fraktionsführer der SPÖ im U-Ausschuss, Jan Krainer, als auch sein türkises Pendant Andreas Hanger haben heute ihre Bilanz bzw. den schriftlichen Bericht zur parlamentarischen Untersuchung des Ibiza-Komplexes präsentiert. Und es kam, wie es kommen musste: Die beiden ließen kein gutes Haar aneinander und sahen sehr vieles, sehr anders. 

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SPÖ-Mandatar Krainer präsentierte acht Thesen, in denen er den Machtmissbrauch und die Abgehoben der ÖVP beklagte und von einer "Unterwanderung der Institutionen" durch die türkise Parteifamilie sprach. Krainer brachte die ÖVP in die Nähe des "Trumpismus". Und zwar dergestalt, dass politische Gegner beleidigt und über sie Fake News verbreitet würden. 

Was eine mögliche Reform des U-Ausschusses angeht, wiederholte der Sozialdemokrat, dass man sich Live-Übertragungen im Fernsehen vorstellen könne. Auch eine Änderung des Reglements was die Vorsitz-Führung angeht, sei möglicherweise sinnvoll. "Denn unser Regelwerk war auf jemanden wie Wolfgang Sobotka nicht vorbereitet."

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Und Andreas Hanger? Der türkise Fraktionsführer konnte nicht nur nicht mit bei all dem, was Krainer behauptete. Er bat den Roten - und zusätzlich auch Neos-Fraktionschefin Stephanie Krisper - von einer, wie er sagte, schlechten Praxis abzugehen, mittels Anzeigen Politik zu betreiben. "Ich lehne das ab."

Einig waren sich Krainer und Hanger, dass sich manches im Ausschuss ändern sollte.

Für die Türkisen geht es insbesondere um den Schutz der Persönlichkeitsrechte. "Es fehlen Rechtsschutzmechanismen", sagte Hanger. Manche Auskunftspersonen hätten nicht einmal gewusst, welche Unterlagen von ihnen geliefert worden waren.

U-Ausschuss im Fernsehen

Zustimmung kommt von SPÖ und Türkisen auch bei der Frage, ob U-Ausschüsse künftig im Fernsehen übertragen werden sollen. Sowohl Hanger als auch Krainer erhoffen sich von dieser Praxis, dass der jeweils andere seinen Ton und Stil dann mäßigt. 

Die ÖVP würde bei den TV-Übertragungen freilich unterscheiden wollen, wer genau als Auskunftsperson geladen ist. Denn während es Politikern wie Ministern durchaus zuzumuten sei, unter Wahrheitspflicht in der Öffentlichkeit zu stehen, sei das bei Beamten oder Privatpersonen etwas anderes. Hanger: "Da kann enormer Druck entstehen - bis hin zu Shitstorms in den Sozialen Medien." 

870 Seiten Erkenntnisse

Die bislang umfassendste Darstellung der Ausschuss-Ergebnisse hat der Verfahrensrichter im U-Ausschuss, Wolfgang Pöschl, vorgelegt. Und seine Erkenntnisse sind durchaus bemerkenswert. So stellte Pöschl unter anderem fest, dass sich der frühere Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, seinen Job als Boss der Staatsholding ÖBAG selbst zurechtgezimmert und die eigene Bewerbung insofern begünstigt hat, als "andere Bewerber weitestgehend ausgeschlossen“ blieben.

Fest steht für Pöschl weiters, dass die Bestellung von Peter Sidlo zum Vorstandsmitglied der Casag das Bild einer „geradezu unabänderlichen Willensdurchsetzung auf Regierungsebene" ergibt, "gerade diesen Mann in diese Position zu bringen“.

Eine der politisch wichtigsten Fragen, nämlich ob Parteispenden im Gegenzug für konkrete Gesetze oder politische Maßnahmen gesetzt wurden, wird von Pöschl verneint. Laut Abschlussbericht hat es ein „überwiegendes Motiv“ gegeben, warum an Parteien – so auch an die ÖVP – gespendet worden ist, nämlich: „Man wollte eine als positiv empfundene Politik unterstützen.“  Die Untersuchungen haben aber keine Anhaltspunkte ergeben, dass Spenden geflossen sind, in der Hoffnung, bestimmte Gesetze zu bekommen.“

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