Nach der Flucht: Sehnsuchtsort Arbeitsplatz
Von Michael Bachner
„Ich will nicht die Mindestsicherung, ich will richtig Arbeit“, sagt Sajjad Babazadeh in passabel gutem Deutsch und erzählt ein wenig aus seinem Leben.
Seit drei Jahren ist der sympathische Iraner in Österreich, in seiner Heimat wurde er verfolgt, weil er Christ ist. Er flüchtete gemeinsam mit seiner Frau, die Tochter wurde bereits in Österreich geboren.
Von der Ausbildung her ist Babazadeh technischer Zeichner auf Matura-Niveau, strahlt er. Mehr als ein Jahr hat der 31-Jährige auf seinen Asylbescheid gewartet, jetzt ist er intensiv auf Jobsuche.
„Ich hab schon als Sporttrainer für die anderen Flüchtlinge gearbeitet, alles freiwillig“, sagt der junge Mann. Lebenslauf und Bewerbungsunterlagen hat er unterm Arm. Nun soll es endlich ein echter Job sein – und die Chancen stehen sehr gut.
Die Regierung hat zu einer eindrucksvollen Jobbörse geladen, das AMS-Wien hat den Event organisiert, die Bewerber ganz grob vorausgewählt. Weit mehr als 1000 Asylberechtigte, also anerkannte, meist junge Flüchtlinge sind gekommen – „von Arbeitsscheu kann ja wohl keine Rede sein“, sagt ein Verantwortlicher. Die Gösser-Halle in Wien-Favoriten ist an diesem Mittwoch brechend voll.
Kein Wunder: Kanzler Sebastian Kurz hat gerufen und alle sind gekommen: ÖBB, Telekom, Post, OMV, AUA, Rewe, Spar, Siemens, EVN, Anker, Porr, Vamed, Mayerhofer.
Mayerhofer? Der Stand des Familienbetriebs mit 30 Mitarbeitern wirkt fast fehl am Platz unter all den Paradefirmen mit ihren Hochglanz-Mappen, Give-Aways und Top-Managern, die die Regierungsinitiative unterstützen. Dabei geht es Elektrikermeister Karl Mayerhofer, der die gleichnamige Firma in Oberwaltersdorf (NÖ) in dritter Generation leitet, wie Tausenden anderen Klein- und Mittelbetrieben. Er findet keine Lehrlinge, kaum Fachkräfte. „Mit etwa 40 Bewerbern haben wir gesprochen, zwei sehr gute Kandidaten waren dabei. Herzukommen hat sich voll ausgezahlt.“
Donya Charbaji (28) und Mohammad Talal (33) empfinden genauso. Sie sind neugierig, wirken engagiert und begeisterungsfähig.
Das junge Ehepaar flüchtete vor dem Krieg in seiner Heimat Syrien. Sie studierte englische Literatur in Jordanien und spricht Deutsch auf Niveau B2, er studierte Business Management in Damaskus. Über die mehrwöchige Flucht wollen sie nicht reden. Jetzt gilt es Arbeit zu finden, nach vorne zu schauen, eineinhalb Jahre mussten sie auf ihren positiven Asylbescheid warten. In der Wartezeit ist es Asylwerbern nur in ganz wenigen Ausnahmefällen erlaubt, zu arbeiten. Die beiden hatten zum Leben die Grundversorgung.
Am liebsten würde Frau Charbaji bei der AUA arbeiten. Aber da gibt es Probleme. Ähnlich wie beim Flughafenpersonal gilt wegen internationaler Sicherheitsbestimmungen, dass eine Jobfreigabe nur bekommt, wer bereits fünf Jahre im Land ist. „Schade, ich verstehe das nicht“, sagt Charbaji und zieht mit ihrem Mann weiter zum Stand der A1 Telekom.
Dort schildert Manager Stefan Schneeberger in etwa das, was alle großen Unternehmen und ihre Chefs sagen: „Wir suchen vor allem höher qualifizierte Leute, aber natürlich auch Lehrlinge oder Mitarbeiter für Filialen.“
Post-Chef Georg Pölzl, OMV-Boss Rainer Seele, Bahn-General Andreas Matthä, alle eint die Suche nach qualifiziertem Personal. Braucht die Bahn deutschsprachige Zugbegleiter, kann die OMV auch sehr gut mit englisch-sprachigen Bewerbern leben.
Kurz bringt derweil seine Message unters Volk: „Wir wollen die Menschen von Leistungsempfängern zu Leistungserbringern in unserer Gesellschaft machen“. Die allermeisten unter den Flüchtlingen sind dazu bis in die Haarspitzen motiviert.