Politik/Inland

Mobbing und Intrigen: Djangos späte Rache

Reinhold Mitterlehner will „die Geschichtsschreibung nicht den derzeit Regierenden und ihrer Message Control“ überlassen. Diese Motivation nennt der frühere Vizekanzler, ÖVP-Chef und Wirtschaftsminister schon in der Einleitung zu seinem Buch „Haltung – Flagge zeigen in Leben und Politik“.

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„Machtstreben“

Und so legt der Oberösterreicher und überzeugte Großkoalitionär zwei Jahre nach seinem Rückzug aus der Politik eine bittere, 200 Seiten starke Abrechnung vor: mit Türkis-Blau generell und der von langer Hand geplanten Machtübernahme durch Sebastian Kurz im Speziellen.

Gewürzt wird der Text durch subjektiv gefärbte Einblicke in angebliches Mobbing und parteiinterne Intrigen gegen ihn. Mitterlehner zieht eben einen klaren Trennungsstrich zwischen seiner alten, schwarzen Volkspartei und der neuen, türkisen.

Diese Partei habe die Rechtspopulisten salonfähig gemacht, so Mitterlehner. Er rechnet mit der seiner Meinung nach nicht vorhandenen Meinungsvielfalt und Diskussionskultur ab („Meistens reden nur die, die nichts mehr zu verlieren haben“), wie auch mit so mancher Legende zu seinem Rückzug.

So habe er die Partei mit seinem Rücktritt im Mai 2017 keineswegs überrumpelt. Vielmehr sei die rot-schwarze Koalition von Sebastian Kurz und seinem „Sprengmeister“ Wolfgang Sobotka bewusst torpediert worden. Kurz habe hinter seinem Rücken ein Parallelimperium aufgebaut. „Ich führte mehr oder weniger ein potemkinsches Dorf“, schreibt Mitterlehner.

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Doch nicht nur Kurz und seine Gefolgsleute, auch andere bekommen bei Mitterlehner, der in seiner Studentenverbindung „Django“ genannt wurde, ihr Fett ab. So vermittle Innenminister Herbert Kickl „immer wieder die Einstellung, die Politik stünde über dem Recht und sogar über internationalen Rechtsgrundlagen.“

Mitterlehners Kritik an der Regierung reicht denn auch von ihrem Demokratieverständnis über die Asylpolitik bis hin zum „Populismus als Ideologie“. Die Flüchtlinge seien pauschal zum Feinbild erklärt worden, die restriktive Flüchtlingspolitik „ist so etwas wie die Geschäftsgrundlage der Regierung geworden.“ Mitterlehner: „Da habe ich dann neben den ’echten’ Österreichern oder den aufrechten Österreichern noch die anderen, nämlich die Migranten, die Arbeitsunwilligen, die Caritas, die ’Spätaufsteher’, die nicht so dazugehören, die man kritisiert, stigmatisiert und bei denen man im besten Fall nachhilft, dass auch sie echte Österreicher werden.“

Entspannter Konter

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Gelassen gehen seine Nachfolger mit dieser Kritik um. Mitterlehners Grant sei bekannt, man brauche auch nur die Zugewinne bei Wahlen unter Kurz mit verlorenen Landtagswahlen davor vergleichen.

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer sagt: „Es bleibt jedem unbenommen, seine Vergangenheit in einem Buch aufzuarbeiten. Natürlich gibt es beim Blick auf die Vergangenheit immer unterschiedliche Perspektiven: gerade in diesem Fall ist das offensichtlich.“

Mitterlehner denkt nach, ob er nicht früher und öfter den Django gegen seine Gegner hätte spielen sollen: „Ob das Image eines Polit-Rambos jedoch das Wahre gewesen wäre, wage ich zu bezweifeln.“

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