Österreich sucht den Super-Abgeordneten
Bei der Nationalratswahl am 29. September werden die Bürger mehr Einfluss als bisher darauf haben, wer ins Parlament einzieht. Im Rahmen des Demokratiepakets wird die Vergabe von Vorzugsstimmen reformiert. Der dafür nötige Beschluss im Nationalrat war für Mittwochabend geplant.
Die gravierendste Änderung ist, dass künftig auch auf den Bundeslisten umgereiht werden kann. Gleichzeitig werden die Hürden für eine Vorreihung auf Landes- und Regionallisten (für die Nationalratswahl) gesenkt. Das heißt: „Wer mehr als die erforderlichen Stimmen erhält, wird in seiner Partei auf die 1. Stelle der Liste vorgereiht“, erklärt Robert Stein, Leiter der Wahlbehörde im Innenministerium. Mit der bisher gültigen Grenze haben nur vereinzelt Abgeordnete eine Umreihung geschafft: 1999 Gerhart Bruckmann für die ÖVP in Wien, 2002 Franz Glaser für die VP-Burgenland. 1983 schaffte Josef Cap (SPÖ) mit 62.000 Vorzugsstimmen den Sprung in das Parlament.
Werner Zögernitz vom Institut für Parlamentarismus befindet: „Die neue Hürde ist relativ hoch, aber sie ist schaffbar, wie sich bei der EU-Wahl bei Othmar Karas gezeigt hat.“ Karas bekam bei der EU-Wahl 2009 mehr als 112.000 Vorzugsstimmen – und wurde damit auf den ersten Listenplatz vorgereiht. Dennoch machte die ÖVP Ernst Strasser zum Delegationsleiter. Bei der EU-Wahl 2004 erreichte Andreas Mölzer 21.980 Stimmen – und jagte so FPÖ-Spitzenkandidat Hans Kronberger das blaue Mandat ab.
Kampfmandat
Die Grünen monieren, die Hürden seien weiterhin viel zu hoch; vor allem auf Bundesebene, urteilt Mandatar Dieter Brosz. Sein Kollege Karl Öllinger, der um den Wieder-Einzug ins Parlament bangen muss, meint: „Die neuen Regeln haben mich nicht ermutigt, ich werde trotzdem einen Vorzugsstimmen-Wahlkampf machen.“ Würden die Grünen in etwa so wie 2008 abschneiden, benötigte Öllinger rund 35.000 Vorzugsstimmen, um ein Mandat zu erhalten.
Vorzugsstimmen: Was sich ändert
Aktuelle Regelung Auf Bundeslisten sind derzeit keine Vorreihungen durch Vorzugsstimmen möglich. Auf Landeslisten muss die Wahlzahl (rund 24.000 bis 30.000 Stimmen) erreicht werden. Auf Regionallisten benötigt man ein Sechstel der Parteistimmen oder die halbe Wahlzahl.
Künftige Regelung Auf Bundesliste wird vorgereiht, wer 7 % der Parteistimmen erhält (d.h. wenn Partei rund 30 Prozent erreicht, sind rund 100.000 Stimmen nötig). Für Landeslisten liegt die Hürde bei 10 % der Parteistimmen (oder Wahlzahl). Auf Regionallisten sind 14 % nötig.