Lob bis Vorsicht: So reagiert Österreich auf die weiteren Lockerungen
Die einen sind glücklich, die anderen mahnen zur Vorsicht, und Dritte meinen, es sei nur Überfälliges endlich beschlossen worden. Nachdem die Bundesregierung am Freitag zu Mittag ihren Plan für weitere Öffnungen bekanntgegeben hat, sind die Reaktionen ganz unterschiedlich, obwohl insgesamt doch die Freude zu überwiegen scheint.
Große Erleichterungen gibt es vor allem für Handel und Gastronomie. Entsprechend freudig zeigten sich die Vertreter. "Das sind gute Nachrichten für die heimische Wirtschaft, da die stationären Geschäfte von den Lockerungen stark profitieren werden", sagte etwa der Geschäftsführer des Handelsverbandes, Rainer Will. "Jeder Schritt zurück zur Normalität ist eine positive Nachricht für den Handel", sagte WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik.
Die Reduktion der Quadratmeterregel von 20 auf 10 Quadratmeter pro Kunde und die Halbierung des Mindestabstands von zwei auf einen Meter sei sehr wichtig und werde vielen Betrieben helfen, sagte Trefelik. Bei der Pressekonferenz nicht angesprochen worden seien aber die Märkte in den Bundesländern als Schnittstelle zwischen Gastronomie und Handel. "Die müssen ab 10. Juni wieder uneingeschränkt möglich sein", das sei im Freien und mit Maske jedenfalls machbar und wäre ebenfalls ein wichtiger Schritt, so Trefelik.
SPÖ: "Erreichtes nicht leichtfertig verspielen"
Von Oppositionsseite sind die Reaktionen geteilt. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner war vorsichtig optimistisch. „Österreich hat mittlerweile eine Inzidenz von unter 50 erreicht. Das war harte Arbeit. Damit weiterhin geöffnet bleibt und Schließungen endgültig der Vergangenheit angehören, ist es wichtig, dass gemeinsam Erreichte nicht leichtfertig zu verspielen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt: Ja zu weiteren Lockerungsschritten, aber immer mit größter Vorsicht statt mit Übermut. Denn diese Pandemie ist noch nicht vorbei", teilte sie mit.
Bei aller angebrachte Freude über das gemeinsam Erreichte müsse man weiterhin vorsichtig bleiben. "Es ist wichtig, das Infektionsgeschehen weiter genau im Blick zu haben und die Lockerungsschritte laufend zu bewerten. Damit die Lockerungen kontrolliert erfolgen, braucht es 1. weiterhin niedrige stabile Infektionszahlen und 2. muss jeder und jede bis Ende Juni ein Impfangebot bekommen. Denn Impfung schützt", sagte die SPÖ-Chefin.
Auch ein Aufrechterhalten der Maskenpflicht sieht Rendi-Wagner weiterhin für dringend notwendig in allen Bereichen, wo die 3G-Regeln nicht gelten und daher ein größeres Risiko herrscht und viele Menschen sich unkontrolliert näher kommen.
FPÖ: "Stil von Feudalherren"
Ganz anders reagierte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. Er ist wenig überraschend auch mit den neuen umfassenden Lockerungsschritten der Regierung in der Corona-Pandemie nicht zufrieden. Im Stile von Feudalherren hätten der Kanzler und seine Minister den Österreichern "gnädigerweise einen kleinen Teil der ihnen ohnehin zustehenden Freiheiten zurückgegeben", wobei der grüne Minister Wolfgang Mückstein aber ohnehin gleich wieder von Verschärfungen gesprochen habe, wenn es "notwendig" sei.
Dies lasse schon erahnen, wohin die Reise gehen werde, meinte der Klubchef in einer Aussendung. Die Österreicher würden weiterhin auf Schritt und Tritt kontrolliert und mit immer verwirrenderen Vorschriften gegängelt. "Diese schwarz-grüne Regierung hat nie eine Strategie gehabt außer jener, die Grund- und Freiheitsrechte abzumontieren", führte Kickl aus.
Landeshauptleute zufrieden
Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sah einen Schritt in Richtung "kontrollierter Normalität". Die gewählte Strategie mit den drei Eröffnungsetappen erachte er als richtig. Es gehe darum, bei aller Euphorie trotzdem Vernunft und Vorsicht walten zu lassen, und gemeinsam alles zu tun, um weitere Rückschläge zu vermeiden, meinte er in einer Aussendung.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zeigte sich ebenfalls zufrieden mit den Lockerungen. Nun können "die Vereine und Traditionsverbände in unserem Land Tirol endlich wieder aufatmen". Das Ende der Maskenpflicht im Freien bringe "bei den zahlreichen Prozessionen, Umzügen und Aufführungen in unserem Land wieder ein Stück mehr Normalität zurück", sagte Platter. Österreich und Tirol seien auf "einem sehr guten Weg, die Pandemie zu überwinden". Es sei aber weiterhin Vorsicht geboten, meinte er.
Auch in Oberösterreich kann man gut mit der Öffnung leben. Bei aller - weiterhin gebotenen - Vorsicht sei es wichtig, dass es jetzt wieder mehr Möglichkeiten gebe, meinte Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Besonders gekämpft habe er dafür, dass es für die vielen Ehrenamtlichen und die Vereine, etwa Musikkapellen oder Chöre, Erleichterungen geben müsse: "Es war lange genug in unserem Land still", so Stelzer in einer Aussendung.
Wien: "Rückgang auf Intensivstationen"
"Ich habe darauf gedrängt, dass die Öffnungen in Stufen erfolgen sollen", berichtete Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Erfreulich sei auch, dass die Regelungen bundeseinheitlich seien. Ludwig appellierte einmal mehr an die Bevölkerung, die Maßnahmen einzuhalten. In Wien werde es dazu weiter laufende Kontrollen geben, betonte er. Zudem würde genau beobachtet, wie sich die Öffnungsschritte auswirken werden.
Wobei der Bürgermeister mit einer Zunahme der Infektionen rechnet: "Ich gehe davon aus, dass die Zahlen wieder steigen werden, wenn es Öffnungsschritte gibt." Maßgeblich sei jedoch vor allem die Zahl der Erkrankten in den Intensivstationen. Hier gebe es inzwischen eine spürbaren Rückgang. Es würden sich unter anderem die Impfungen günstig auswirken. Sollte die Entwicklung etwa im Herbst dies nötig machen, sei eine Rücknahme von Öffnungen aber nicht völlig auszuschließen, sagte Ludwig. "Die Pandemie ist noch nicht vorbei", warnte er.