Corona und das Alleinsein: Wohin mit all der Einsamkeit?
Von Elisabeth Hofer
Das Jahr 2020 hat die Bevölkerung vor ungeahnte Herausforderungen gestellt – gesundheitlich, finanziell, aber auch psychisch. Wo also hin mit all den Sorgen, wenn die Angst vor dem Virus, die Unsicherheit oder auch die Einsamkeit zu groß werden?
„Wir haben während des Lockdowns um ein Drittel mehr Anrufe bekommen als sonst“, erzählt etwa Birgit Satke, Leiterin von Rat auf Draht, der Krisenhotline für Kinder und Jugendliche (147). Auch die Themen hätten sich verändert. Statt typischer „Teenie-Probleme“ wie Liebeskummer und Aufklärung sei es mit einem Mal um ganz andere Dinge gegangen: um ein Nicht-Mitkommen in der Schule, die Angst davor, andere anzustecken, Gewalt in der Familie oder Sorgen um die Zukunft der Eltern. Auch hätten sich viele junge Menschen nicht ausgekannt, welche Maßnahmen gerade gelten und was das für ihren Alltag bedeutet.
„Außerdem haben die Jugendlichen ihre Freunde vermisst“, sagt Satke. „Man glaubt immer, sie tauschen sich nur über Social Media aus. Aber das stimmt nicht. Ihnen fehlt der direkte Kontakt.“ Hinzu komme, dass für junge Menschen die Zeitdimensionen ganz andere seien als für Erwachsene. „Ein Monat dauert für einen Jugendlichen ewig“, sagt die Rat auf Draht-Chefin. Seit Schulbeginn normalisiere sich die Situation aber langsam wieder.
Wenn keiner kommt
Auch auf der anderen Seite des Altersspektrums hat die Pandemie die Situation vieler verschlechtert. Für Senioren, die sonst kaum soziale Kontakte haben, gibt es den Besuchsdienst des Roten Kreuzes. „Normalerweise kommen wir zu den Menschen nach Hause, plaudern, spielen Spiele, gehen Spazieren oder lesen unseren Klienten vor“, erklärt Elfriede Schuh, Leiterin des Besuchsdienstes in Neunkirchen. „Mit Corona hat sich dann alles geändert, wir konnten keine Besuche mehr machen, und das war für viele wirklich schlimm.“
Die meisten Senioren würden Woche für Woche schon sehnsüchtig auf das Eintreffen der ehrenamtlichen Rot-Kreuz-Mitarbeiter warten, erzählt Schuh. Ihr war es wichtig, zumindest telefonischen Kontakt mit den Klienten zu halten. Aber auch das sei aufgrund von Hörproblemen oder Demenz oft nicht einfach gewesen. Für jene, die keine Angehörigen haben oder deren Angehörige weit weg wohnen, sei der Lockdown eine besonders harte Zeit gewesen.
„Als wir uns dann wiedersehen durften, war das ein Hallo“, erzählt Schuh. Dennoch hat sich einiges verändert, Berührungen sind beispielsweise tabu, um die Mitglieder der Risikogruppe nicht zu gefährden. „Das ist schon komisch. Wenn jemand traurig ist, hält man im Normalfall seine Hand, das geht jetzt nicht mehr“, sagt Schuh. „Aber die meisten verstehen das auch.“