KPÖ-Kahr: "Russland-Sanktionen können Krieg nicht beenden"
Seit einem Jahr ist Graz kommunistisch. Am 26. September 2021 gelang es der KPÖ mit Spitzenkandidatin Elke Kahr erstmals in einer österreichischen Großstadt, den Bürgermeistersessel zu erringen. Noch am Wahlabend des 26. September war klar, dass die KPÖ einen Erdrutschsieg davonträgt. Kahr, die erst in den Sekunden vor dem ersten Liveeinstieg des ORF Steiermark die Hochrechnung und damit den klaren Wahlsieg mitgeteilt bekam, schritt damals ungläubig in Richtung der Mikrofone und sprach zunächst hinter den Kameras von einem möglichen Irrtum. Doch es war keiner: Die Kommunisten gewannen mit 28,84 (plus 8,5 Prozentpunkte) vor der ÖVP, die um 11,88 Prozentpunkte auf 25,91 Prozent abstürzte.
"So ist es nicht"
Am Freitag war Kahr wieder beim ORF zu Gast, in der ZiB2. Dabei zog sie Bilanz über ihr erstes Jahr im Amt. Kahr wollte eigentlich die Bauoffensive in Graz eindämmen. Das belang ihr bisher eher nicht. "Es gibt natürlich viele Erbstücke, die wir nicht ändern können. Aber wenn es neue Vorhaben gibt, wo Investoren eine Versiegelung vornehmen wollen, die auf Kosten der Allgemeinheit gehen, werden wir hier einen anderen Kurs vornehmen", sagt Kahr. Wie soll sonst Wohnraum geschaffen werden? "Wir bauen auch selbst als Stadt Gemeindewohnungen."
Die Stadt Graz dürfte zurzeit auf satte 1,9 Milliarden Euro Schulden kommen. "Dass wir kein Geld haben, so ist es nicht", kalmiert Kahr. "Es wird keine Großevents oder Luxusbauten geben, die der Allgemeinheit nichts nutzen." Aber Öffi-Infrastruktur und sozialen Wohnbau werde es geben, meint Kahr: "Da ist jeder Euro gut aufgehoben."
"Nicht in Kriegslogik fallen"
Wozu sich Kahr nicht durchringen kann: zu einem Bekenntnis zu den EU-Sanktionen gegen Russland. "Ich habe mich mein Leben lang immer als Friedensaktivistin gesehen und gegen jeden Krieg ausgesprochen." Der Angriffskrieg auf die Ukraine sei fürchterlich, so Kahr. Doch sie bleibt dabei: "Die Tragödie ist aber auch, dass die Sanktionen diesen Krieg nicht beenden können. Sie schaffen es nicht [...] Wir dürfen nicht in diese Kriegslogik fallen. Die Waffen müssen nieder, ich halte diese Eskalationsspirale für gefährlich für die gesamte Welt."
Graz ist seit 2001 Menschenrechtsstadt. Eine Abordnung steirischer KPÖ-Politiker begab sich 2019 in die in die ukrainische Region Donbass. Der Grazer KPÖ-Gemeinderat Kurt Luttenberger posierte dabei vor dem Grab des prorussischen Milizführers Alexander Sachartschenko. "Erstens stimmt es nicht, dass ich da keine Kritik geäußert habe. Es war eine Privatreise und ich hab gesagt, dass ich das nicht für gescheit halte", verteidigt Kahr ihren Genossen. Luttenberger sei ein "tadelloser Mensch", deshalb bleibe er auch Gemeinderat.