Politik/Inland

Koalition will weg vom Watschenbaum

Erstmals stehen sie öffentlich nebeneinander – nach der Wahl in Oberösterreich, bei der ihre Parteien Tausende Wähler an die Blauen verloren haben; wie bereits im Mai in der Steiermark und im Burgenland. Wie sie den Zulauf zu Straches Truppe stoppen wollen, werden Werner Faymann, Chef der SPÖ, und Reinhold Mitterlehner, Chef der ÖVP, nach der Regierungssitzung von Journalisten gefragt. Mit dem üblichen "Wir müssen das, was wir machen, besser kommunizieren"?

Mitterlehner möchte etwas tun, was seine Partei schon ein paar Tage vor der Landtagswahl versucht hat – einen flüchtlingspolitisch strengeren Kurs: "Wir werden, was den Asylbereich angeht, die Vorgehensweise verschärfen." So weit, wie ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, die gar "Gewalteinsatz" gegen Flüchtlinge an der Grenze erwägt, will er nicht gehen. Das werde es nicht geben. Kontrollen der EU-Außengrenzen, "Hotspots" (Erstaufnahme-Zentren für Flüchtlinge in Griechenland und Italien) und "Asyl auf Zeit" sollte es geben. Er habe nämlich "keine Lust, in biblischer Gelassenheit die zweite Wange hinzuhalten".

Schmiedl-Effekt

Eine Watsche wird es für die ÖVP freilich auch in Wien geben, wo in zwei Wochen gewählt wird. Schon 2010 hat es die chronisch-schwache Stadtpartei auf nur 14 Prozent gebracht; jetzt könnte sie einstellig werden. Warum sollte ein rigoroserer Kurs in der Bundeshauptstadt helfen – angesichts dessen, dass er in Oberösterreich – ob des Schmied-und-Schmiedl-Effekts – nichts genutzt hat? Mitterlehner antwortet salomonisch: "Die Wiener Wahl wird man damit weder in die eine noch in die andere Richtung beeinflussen können."

Faymann setzt nicht auf Schärfe gegen Flüchtlinge; dies würde die Haltung des wahlkämpfenden Wiener SPÖ-Bürgermeisters Michael Häupl konterkarieren. Der grenzt sich in dieser Causa ja von Heinz-Christian Strache ab. Der Kanzler nennt etwas, das der FPÖ-Vormann als eine seiner Stärken qualifiziert: "Wir müssen den Menschen zuhören, auf ihre Ängste und Sorgen eingehen." Und Strache inhaltlich "entlarven", meint Mitterlehner: "Wir bemühen uns darzustellen, dass eine einfache Lösung à la FPÖ nicht möglich ist. Schauen Sie sich den Herrn Tschürtz oder andere an, was die in der Praxis zustande bringen." Der neue burgenländische FPÖ-Landeshauptmann-Stellvertreter habe auch noch keinen Flüchtling an der Grenze aufhalten können.

Eigene Themen

Ein Stratege moniert, die Partei habe ihren Asylkurs zu spät korrigiert ("Das hätte man vor Monaten tun müssen"). Wichtiger wäre gewesen, eigene Themen zu setzen, um vom "blauen Spielfeld Asyl" wegzukommen. Das haben die Koalitionäre jetzt vor. Mitterlehner hofft, mit Projekten abseits der Flüchtlinge das Image der Regierenden zu verbessern: "Ein Maßstab wird das Bildungspaket sein, das wir am 17. November präsentieren." Mit dem Budget für das kommende Jahr, das Finanzminister Hans Jörg Schelling alsbald vorlegen will, und einem Wohnbauprogramm wollen Rot und Schwarz ebenfalls punkten.Was ist mit dem mehrfach angekündigten Arbeitsmarktgipfel? Ist er nicht ob seines und des Kanzlers Befund, viele Menschen fürchteten sich wegen der vielen Flüchtlinge noch mehr, den Job zu verlieren, höchst an der Zeit? Der werde vorbereitet, sagt Mitterlehner; ob es ihn dieses Jahr noch gibt, lässt er offen.