Politik/Inland

Katharina Schulze über das Erfolgsrezept der Grünen in Bayern

Sie ist nicht zu bremsen.

Nicht bei der Bayern-Wahl im vergangenen Herbst, als sie als Spitzenkandidatin der Grünen in München satte 19 Prozent zulegt und die allmächtige CSU auf den zweiten Platz verweist.

Nicht im bayerischen Landtag, wo die Grünen die zweitstärkste Kraft sind, und sie selbst zur Oppositionsführerin wurde.

Alle Inhalte anzeigen

Die Rede ist von Katharina Schulze, Fraktionschefin der bayerischen Grünen.

Als der KURIER sie in Salzburg zum Interview trifft, brettert Schulze aufs Stichwort los, nennt manches „krass“, anderes „Hammer“, und hat für ihre österreichische Schwesterpartei, die – gespalten in zwei Listen – den kommenden Wahlen entgegen zittert, einen einfachen Rat: Seid optimistisch, weckt Begeisterung.

„Angst macht klein“

Begeisterung wecken, das kann Schulze. „So eine bräuchten wir auch“, entfährt den österreichischen Bundes-Grünen ein Seufzer beim Gedanken an die erfolgreiche Bayerin.

Hierzulande müssen sich die Grünen hingegen mit einem „alten Dämonen“ herumschlagen, ihrem Mit-Begründer Johannes Voggenhuber, der bei der kommenden EU-Wahl aber für die Konkurrenzliste kandidiert. Jetzt geht bei den Grünen die Angst vor dem nächsten Debakel um.

Alle Inhalte anzeigen

Die Salzburger Grünen holten Schulze zu ihrem Wahlkampfauftakt für die Gemeinderatswahl im März. „Mut geben statt Angst machen“, lautet das Motto der Bayerin. Sie gibt diese Parole vor allem als Kontrapunkt zum raumgreifenden Rechtspopulismus aus.

„Angst ist kontraproduktiv“, sagt die 33-Jährige. „Angst lähmt dich, macht dich klein, da willst du dich einmauern. Gerade heute ist es wichtig, dass wir einander die Hand reichen und miteinander um die beste Lösung ringen.“

Alle Inhalte anzeigen

Konservative oder gar rechte Politiker, die „mit dem Angstmotiv spielen, für eine Schlagzeile die Faktenlage verdrehen“, hält sie für „krass und unverantwortlich“. Gerade, wenn sie in Regierungsverantwortung sind: „Das macht man nicht.“

„Ich kenne nur Frieden“

Angst scheinen jedoch die Grünen vor dem Migrations- und Sicherheitsthema zu haben. Im Nationalratswahlkampf 2017, der bekanntlich übel für sie endete, vermieden sie das Thema. Schulze sieht es so: „Uns Grünen ist das Thema Freiheit sehr wichtig. Aber Menschen müssen auch sicher leben können, um frei zu sein.“

Alle Inhalte anzeigen

Die Politik müsse dafür sorgen, dass die Polizei ihre Arbeit machen kann, sie müsse aber auch Sozialpolitik machen, die Zivilgesellschaft und die Demokratie stärken. „Es muss klar sein, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt. Sicherheitspolitik ist aber mehr, da gehört auch Prävention dazu.“

Die EU-Wahl sei eine „Richtungsentscheidung“. Wenn Schulze das sagt, klingt es weniger nach Floskel, als man das in der Tagespolitik gewohnt ist. „Ich bin 33 Jahre alt“, leitet die Grüne ein. „Ich kenne nur ein Leben in Frieden. Eines, in dem ich einfach so in ein anderes Land fahren, dort leben, arbeiten und mich verlieben kann.“ Das sei – Zitat – „der absolute Hammer“.

Klar, die EU sei noch nicht perfekt. „Aber jetzt zu sagen, wir wollen wieder zurück in den Nationalismus, das ist doch crazy (Anm.: verrückt).“

„Es liegt in der Luft“

Fragt sich: Wenn die – nach ihrer Diktion – „schlechte“ Politik zuletzt so stark geworden ist, war die „gute“ dann zu schwach?

Schulze lacht. Und überlegt. „Es ist etwas in der Luft“, sagt sie, und reibt die Fingerkuppen aneinander. „Die Demokraten waren schon immer mehr. Sie waren in den letzten Jahren nur zu leise. Und die Gegner, die für autoritäre Politik stehen, waren unglaublich laut. Aber jetzt beginnt eine Gegenbewegung.“

Alle Inhalte anzeigen

Das merke sie etwa am Mitgliederzuwachs bei den bayerischen Grünen. „Die kommen nicht nur, weil wir so tolle Tierschutzpolitik machen. Die Menschen haben verstanden, dass die Demokratie zu bröseln beginnt. Sie wollen dafür kämpfen, weil sie wissen, dass das auch ihr Job ist.“

Diesen Schwung müssten die österreichischen Grünen mitnehmen. Schulze erinnert an ihr Erfolgsrezept: Begeisterung wecken, einen „positiven, zugewandten Politik-Stil pflegen“.

Es klingt fast zu einfach.