Buwog-Prozess: Grasser und die "Fata Morgana der 960 Millionen Euro"
Von Karl Oberascher
Nachdem er gestern ausführlich zum sogenannten "Schwiegermutterngeld" ("War tatsächlich ihres"), zu seinem Verhältnis zu Jörg Haider ("Mein Mentor") und Walter Meischberger ("Kein Kontakt mehr seit 2010") befragt worden war, stand der Donnerstag ganz im Zeichen von Karl-Heinz Grassers Rolle im Bietverfahren zur Buwog.
Zur ausführlichen Zusammenfassung des 42. Verhandlungstages
Richterin Marion Hohenecker verwendete den gesamten Vormittag darauf, eine Reihe an Dokumenten zur Privatisierung der Bundeswohnungen chronologisch mit Grasser durchzugehen. Dabei betonte der ehemalige Finanzminister mehrmals, er habe den Privatisierungsprozess anderen überantwortet, sei operativ eigentlich nur am Rande damit betraut gewesen. Das würde auch sein Terminkalender widerspiegeln, auf dem sich bei näherer Betrachtung nur wenige Termine zur Buwog-Privatisierung direkt finden.
Experten rieten zu zweiter Runde
Bei seiner Entscheidung, eine zweite Bietrunde zuzulassen, habe er sich denn auch ganz auf die Expertise von Lehman Brothers, der Wirtschaftskanzlei Freshfields und der Vergabekommission verlassen.
In dieser Vergabekommission saß damals auch Grassers ehemaliger Kabinettschef Heinrich Traumüller. Traumüller ist eine spannende Figur im Buwog-Prozess, wo er auch als Zeuge geladen ist. Er war es, der Grasser im U-Ausschuss 2012 belastete, indem er aussagte, dass der damalige Finanzminister selbst eine zweite Bieterrunde veranlasst hatte.
Am 4. Juni 2004 soll Traumüller laut Anklage zudem erstmals ein mögliches 960-Millionen-Euro-Gebot der CA Immo handschriftlich notiert haben. Laut Anklage hat sich Graser unmittelbar danach mit seinen mitangeklagten Freunden getroffen.
"Entscheidender Vorwurf empirisch belegbar falsch"
Beim genauen Studieren der Dokumente wurde heute jedoch klar, dass Traumüller diese Notiz erst am 7. Juni, das ist jener Tag, an dem im Finanzministerium die Entscheidung über eine zweite Runde fiel, gemacht hatte. Offenbar eine Ungenauigkeit in der Anklage, auf die Grasser-Anwalt Norbert Wess heute vehement hinwies.
Laut Grasser handelte es sich bei den ominösen 960 Millionen Euro der CA Immo aber ohnehin nicht um einen möglichen Spielraum für eine etwaige zweite Bieterrunde, wie Traumüllers Notiz von der Staatsanwaltschaft interpretiert wird.
Nein - und das ist Grassers wichtigstes Argument in diesem Fall - dabei handle es sich um das Gesamtinvestitionsvolumen (inklusive Transaktionskosten), das die CA Immo eben aufwenden hätte müssen, um ihr Erst-Angebot von 922,7 Millionen zu erfüllen. Mit einem möglichen Spielraum hätte das aber nichts zu tun. "Da ist ein eklatanter Widerspruch zur Realität in der Anklageschrift." Der entscheidende Vorwurf sei "empirisch belegbar falsch", sagte Grasser heute wiederholt.
Dass die CA Immo diese "Fleißaufgabe" auch beim zweiten Angebot erfüllte (Gesamtinvestitionen von genau einer Milliarde Euro), unterstreiche das nur. Wie hoch die CA Immo letztlich in einer zweiten Runde sei jedenfalls nicht absehbar gewesen, die 960 Millionen Euro "eine reine Fata Morgana", purer Zufall. Weshalb die CA Immo dann überhaupt als Privatbeteiligter am Prozess angeschlossen ist und auf 200 Millionen Euro Schadenersatz klagt, wird wohl noch zu klären sein.
"Was genau ich weitergegeben habe, weiß ich nicht"
Ebenso wie die Frage, weshalb Walter die 960 Millionen Euro als Tipp fürs Mindestgebot an Peter Hochegger weitergegeben hat. Seine Antwort heute: "Was genau ich weitergegeben habe, weiß ich nicht."
In seiner früheren Einvernahme hatte Meischberger bereits ausgesagt, dass der entscheidende Tipp dazu von Jörg Haider gekommen war. Und woher der "die 960 Millionen" gehört haben soll, wird wohl ewig ein Geheimnis bleiben.
Anmerkung: Der Buwog-Prozess legt jetzt eine kleine Sommerpause ein. Die nächste Verhandlung findet am 17. Juli statt. Kurier.at wird wie gewohnt live berichten