Politik/Inland

Kurz: "Am Ende wird die Bevölkerung entscheiden"

Seit einer Woche ist Österreich politisch im Ausnahmezustand.

Vor einer Woche wurde jenes Video publiziert, auf dem ein unfassbares Verhalten der FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus zu sehen ist.

In der Folge ging es Schlag auf Schlag: Rücktritte, Regierungsende, Neuwahlverkündung, Kickl-Entlassung als Innenminister und FPÖ-Exodus aus den Ministerien.

Doch die politische Krise ist noch nicht zu Ende, die Spirale der Eskalation dreht sich munter weiter.

Am Montag steht auf der Tagesordnung des Parlaments ein Misstrauensantrag der Liste Jetzt gegen Kanzler Sebastian Kurz. SPÖ und FPÖ wollen zustimmen.

Um Stabilität bemüht

„Ich glaube, dass es noch nicht ganz sicher ist, dass es dazu kommt“, sagt der Kanzler am Freitagnachmittag im Telefoninterview mit dem KURIER. Seit der Veröffentlichung des Ibiza-Videos habe er sich „bemüht, Stabilität zu schaffen und Österreich handlungsfähig zu erhalten“. Er habe vom Bundespräsidenten den Auftrag bekommen, die durch den FPÖ-Ausstieg frei gewordenen Ministerien neu zu besetzen. „Ich bin diesem Auftrag binnen 24 Stunden nachgekommen“, sagt Kurz. Über die Allianz, die sich nun im Nationalrat gegen ihn abzeichnet, sagt Kurz: „Es ist entlarvend, dass das Ergebnis der Ibiza-Enthüllungen dazu führt, dass sich nun eine Koalition zwischen Kickl und Rendi-Wagner bildet, um mich als Bundeskanzler loszuwerden.“

Septemberwahl

Am Donnerstag war das Ondit aufgetaucht, Kurz würde seiner Abwahl im Parlament zuvorkommen, indem er als Kanzler zurücktritt. Was ist da dran?

Sebastian Kurz: „Das ist eine Unwahrheit, die in die Welt gesetzt wurde. Ich werde am Montag selbstverständlich im Parlament sein. Und ich werde jede Entscheidung des Nationalrats zur Kenntnis nehmen. Aber am Ende entscheidet die Bevölkerung bei den Nationalratswahlen im September.“

Damit ist klar, welche Strategie der Kanzler einschlägt: die Nationalratswahl wird zur Volksabstimmung über Sebastian Kurz. Der Wahltermin wird wahrscheinlich Mitte September sein, sagt Kurz. Darauf würde vieles in den politischen Gesprächen der letzten Tage hindeuten.

Vertretung im Rat

Vorsorge für seine Vertretung bzw. Nachfolge als Kanzler habe er nicht getroffen, sagt Kurz, denn das sei nicht seine Zuständigkeit, sondern die des Bundespräsidenten. Kurz lobt „die Besonnenheit“, mit der Van der Bellen in den letzten Tagen vorgegangen sei.

Abgesehen vom Besetzen der vakanten Ministerien habe er auch vorgesorgt, dass die Ibiza-Affäre aufgeklärt wird. „Und zwar sowohl, was den Inhalt des Videos betrifft, als auch, wer es hergestellt und bezahlt hat“, sagt Kurz. Er rechne damit, dass „die Hintergründe bald ans Licht kommen“.

Wer wird Österreich beim Rat der EU-Staats- und Regierungschefs vertreten? Vizekanzler Hartwig Löger?

„Nein“, sagt Kurz, „ein Vizekanzler hat keine Möglichkeit, am EU-Rat teilzunehmen. Aber es gibt die Möglichkeit, Österreich durch den den Regierungschef eines anderen Landes vertreten zu lassen.“ An welches Land er denkt, sagt Kurz nicht, denn: „Noch ist es nicht so weit. Meine Hand bleibt ausgestreckt.“

Differenz zu SPÖ

Reumütig über sein oftmals rüdes Verhalten gegenüber der SPÖ in den letzten eineinhalb Jahren zeigt sich Kurz im Gespräch mit dem KURIER nicht. Er räumt lediglich ein: „Ich habe inhaltlich und sachlich einen völlig anderen Zugang als die SPÖ. Wir haben die Schuldenpolitik beendet, wir haben den Wirtschaftsstandort gestärkt und das Sozialsystem reformiert.“ Trotz aller Differenzen habe er „zu vielen in der Sozialdemokratie eine ordentliche Gesprächsbasis“.

Über seine Pläne im Fall einer Abwahl am Montag will Kurz noch nicht viel verraten. Er versichert lediglich: „Egal, an welchem Platz ich sein werde: Ich werde ein Maximum zur Stabilität des Landes und zu einer handlungsfähigen Bundesregierung beitragen.“