Nahost-Diplomatie in Wien
Shimon Peres, einer der letzten Politiker der Gründergeneration Israels, kommt am Sonntag zu einem Staatsbesuch nach Österreich.
Eine Routine-Angelegenheit ist das nicht: Die Visite hat Symbolkraft und ist gleichzeitig eine Auszeichnung für Österreich: Für seine Abschiedstour in Europa hat sich der israelische Staatspräsident Österreich unter allen 28 Mitgliedsländern ausgewählt. Die siebenjährige Amtszeit des 91-jährigen Politikers endet im Juli. Zum Abschluss wird der Friedensnobelpreisträger nach Österreich noch China und die USA besuchen.
"Ich betrachte es als ganz besondere Geste, dass Staatsmann Shimon Peres Österreich ausgesucht hat", erklärt Bundespräsident Heinz Fischer gegenüber dem KURIER.
Der Wien-Besuch hat Symbolkraft, waren doch die österreichisch-israelischen Beziehungen in den vergangenen 50 Jahren nicht frei von schwierigen Phasen (Eiszeit unter Bruno Kreisky wegen seiner PLO-Politik; die Debatte über die Kriegsvergangenheit von Bundespräsident Kurt Waldheim und 2000 die Koalition der ÖVP mit Jörg Haiders FPÖ, Anm.). "Derzeit", sagt Fischer, "sind die Beziehungen erfreulicherweise sehr gut und vertrauensvoll".
Shimon Peres, der weltweit älteste Staatspräsident, wird bei seinem dreitägigen Besuch neben dem Bundespräsidenten auch mit Bundeskanzler Werner Faymann zusammenkommen. Wichtiger Teil seines Programmes ist ein Treffen mit dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch.
Der Bundespräsident schätzt an Peres, der mehrmals Vorsitzender der israelischen Arbeiterpartei war, "die ausgewogene Urteilskraft, auch zum Frieden im Nahen Osten".
Viel Anerkennung für den Staatspräsidenten gibt es auch vom Kanzler. "Shimon Peres vertritt seit Jahrzehnten eine Politik des Miteinanders zwischen Israelis und Palästinensern, eine Politik des Friedens und der Deeskalation."
So rosig wie die österreichisch-israelischen Beziehungen von Fischer und Faymann interpretiert werden, sieht es IKG-Chef Deutsch nicht. "Die Beziehungen waren in den vergangenen Jahren sonderbar. Das Verhalten Österreichs bei UNO-Abstimmungen belastet das Verhältnis zu Israel."
Kritik an UNO-Votum
Er meint damit das Eintreten Österreichs für die Mitgliedschaft Palästinas in der UNESCO, einer UN-Spezialorganisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur im Jahr 2011. Bei der UN-Generalversammlung 2012 votierte Österreich für die Aufnahme Palästinas als UNO-Beobachter. Deutschland etwa enthielt sich der Stimme.
IKG-Präsident Deutsch geht davon aus, dass Peres das "sonderbare UNO-Verhalten Österreichs" ansprechen werde. Auf der Agenda stehen auch EU-Fragen sowie das iranische Atomprogramm. "Der Besuch wird aber auch im Zeichen der zukünftigen politischen und wirtschaftlichen Kooperationen stehen. Österreich und Israel müssen nach vorne schauen", sagt Deutsch.
Dabei kann Österreich viel von Israel lernen. So investiert Israel enorm in Innovation und die Ausbildung junger Menschen. Rund 4,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung gibt die Regierung für Forschung und Entwicklung aus und liegt damit im internationalen Spitzenfeld.
Ein Thema wird wohl nicht angerissen werden: Der Vergleich der EU mit dem "Dritten Reich" des FPÖ-EU-Abgeordneten Andreas Mölzer. Dazu der IKG-Präsident: "In Deutschland wäre ein Politiker wie Mölzer schon längst Geschichte."