"Ich habe das Gefühl, dass sich alle auf die Schule freuen"
Von Johanna Hager
KURIER: Mit welchen Erwartungshaltungen an den ersten Schultag seitens Schülern, Eltern, Lehrern sind Sie jüngster Zeit konfrontiert gewesen?
Johann Heuras: Es ist ein Schulbeginn unter Vorzeichen, die wir so noch nie hatten. Die Direktorinnen und Direktoren haben sich penibel auf den Schulstart vorbereitet, denn wir sind weiterhin in einer sensiblen Phase: Es geht um die Gesundheit der Kinder und der Lehrer. Ich habe das Gefühl, dass sich alle auf die Schule freuen.
Pädagogen über 60 und jene, die einer Risikogruppe angehören, können selbst entscheiden, ob sie unterrichten wollen. Wie viele Lehrer sind das in Niederösterreich?
Eine genaue Zahl kennen wir nicht. Wir gehen allerdings von einem geringen, einstelligen Prozentsatz aus, denn die Kolleginnen und Kollegen sind vielleicht vom Unterricht in der Klasse entbunden, können aber Administrationsfunktionen sowie Distance-Learning-Aufgaben übernehmen.
Werden Sie am kommenden Fenstertag, dem Freitag nach Christi Himmelfahrt, ausreichend Lehrer in den Klassen haben, die freiwillig unterrichten?
Bereits im Vorfeld dieser Diskussion war ich einer jener, die unbedingt zu einer Lösung und einem Schulbetrieb kommen wollten. Für mich war und ist klar, dass wir unseren Kindern am 22. Mai und am 12. Juni nach der Corona-Phase so etwas wie Schule und Lernen anbieten müssen. Ich bin wirklich froh, dass wir zu der Variante des freiwilligen Unterrichtens an diesen Tagen gekommen sind. Mehr als 90 Prozent der Schulen in Niederösterreich werden offen haben.
Laut einer Studie wollen 30 Prozent der Eltern ihre Kinder bis zum Beginn der Sommerferien weiter nicht in die Schule schicken.
Ich gehe von 5 bis 10 Prozent aus. Ich verstehe, wenn Eltern Angst und Sorge haben, denke aber auch, dass man ihnen raten kann und muss, ihre Kinder wieder in die Schule zu schicken. Es ist für Kinder und deren Entwicklung wichtig, dass sie wieder reale, soziale Kontakte pflegen, ihre Freunde und ihre Lehrer treffen, wieder reale Beziehung leben können.
Welche Rolle wird und kann der digitale Unterricht künftig spielen?
Wie sich zeigt, hat die Krise auch ein paar Chancen. Eine ist zweifellos der Entwicklungssprung in der Digitalisierung. Es geht darum zu erkennen, welche Chancen in der Digitalisierung liegen, welches gute Werkzeug sie bietet. Allerdings zeigt die Entwicklung auch, dass es immer die reale Beziehung zwischen Lehrer und Schüler braucht, damit Bildung gelingen kann.
Neben der genannten Chance birgt die Zeit nach Corona auch Risiken?
Ja, deshalb müssen wir gerade im Bereich der Digitalisierung darauf achten, dass die Schülerinnen und Schüler mit Laptops und Tablets ausgestattet sind, dass sie über die notwendigen Internetverbindungen verfügen. Es gibt darüber hinaus eine Gruppe an Risikoschülern - ich vermute inklusive Dunkelziffer, dass sie im einstelligen Prozentbereich liegt – um die wir uns gerade nach Corona besonders bemühen müssen. In der Corona-Zeit haben wir in Niederösterreich weniger als ein Prozent der Schüler nicht erreicht und ich hoffe, dass dieser Wert so gering bleibt.
Noch wissen wir nicht, wie sich die Corona-Zeit auf die Psyche auswirkt. Ist bereits jetzt an zusätzliche Schulpsychologen, Sozialarbeiter – auch als Unterstützung für Lehrer – gedacht?
Grundsätzlich ist an keine zusätzliche Unterstützung gedacht, im Bedarfsfall werden wir diese aber natürlich anbieten.