Politik/Inland

Hypo: Politiker wollen Versagen der Beamten untersuchen

Eva Glawischnig strahlt übers ganze Gesicht. Die Opposition verfällt in Applaus. Soeben hat der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf am Vorsitzenden-Podium bekannt gegeben, dass der Antrag für einen Hypo-Untersuchungsausschuss ordnungsgemäß eingebracht wurde.

"Ein historischer Moment", jubeln Abgeordnete. Erstmals ist ein U-Ausschuss auf Antrag der Minderheit auf Schiene gesetzt. Er wird jetzt noch vom Geschäftsordnungsausschuss geprüft und kann in spätestens acht Wochen zu arbeiten beginnen.

Der erste U-Ausschuss nach den neuen Spielregeln darf sich mit einem weiteren historischen Prädikat schmücken: Er wird den teuersten Schadensfall in der Geschichte der Zweiten Republik untersuchen.

Bei der Plenardebatte im Nationalrat wird deutlich, dass die Politiker den Schaden nicht allein auf sich sitzen lassen wollen. Quer durch die Bank wird auf die Verantwortung von Beamten und Institutionen verwiesen.

Kanzler Werner Faymann: "Wenn die Finanzmarktaufsicht, die Nationalbank und die Experten des Finanzministeriums in der Taskforce der Regierung einen Bericht vorlegen, der von Insolvenz abrät, kann ich mich als Regierungschef nicht drüber stellen und sagen: Bitte, ich bin der Herr Besserwisser."

Die Stoßrichtung der ÖVP, die ja drei Finanzminister in der Hypo-Causa stellte, weist auch in Richtung Beamte: "Es geht nicht immer nur um die Politik. Es geht auch um die Institutionen", sagt die Fraktionsführerin der ÖVP im Hypo-Ausschuss, Gabriele Tamandl. "Wir werden klären, warum Finanzmarktaufsicht und Nationalbank nie tätig wurden, obwohl die Risikomängel bei der Hypo bekannt waren."

FPÖ-Chef Heinz Christian Strache nennt als Verantwortliche abseits der Politik Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny und Wolfgang Peschorn, den Chef der Finanzprokuratur.

Berater ausgesucht

Der Grüne Werner Kogler und Neos-Chef Matthias Strolz entlassen die Politiker allerdings nicht aus der Verantwortung: "Man versteckt sich hinter Beratern, die man selbst ausgesucht hat." Beide stellen die These auf: Wenn SPÖ und ÖVP 2007 den Banken-Untersuchungsausschuss nicht abgedreht hätten, wäre es 2008 möglicherweise nicht zu dem Gefälligkeitsgutachten der Nationalbank gekommen, die Hypo als "not distressed" einzustufen. Dann hätte man die Hypo damals schon abwickeln müssen, anstatt ihr Geld nachzuwerfen.

Am Anfang der Sitzung wurde der Opfer von Paris gedacht - mehr dazu lesen Sie hier.

FPÖ, Grüne und NEOS haben am Mittwoch im Nationalrat ihren Antrag auf Einsetzung des lange geforderten Untersuchungsausschusses zur Kärntner Hypo eingebracht. Gegenüber dem am Freitag vorgelegten Text sind noch fünf Punkte dazugekommen. Gleich geblieben ist, dass es um die Vollziehung des Bundes bezüglich der Hypo Alpe Adria von 2000 bis 2014 gehen soll.

Gegliedert ist der Antrag in drei Abschnitte. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Aufsichtstätigkeit der Organe des Bundes bzw. des Finanzministeriums in der Zeit ab dem Jahr 2000, als die Landeshaftungen des Bundeslandes Kärnten unter der Ägide des verstorbenen FPÖ/BZÖ-Landeshauptmannes Jörg Haider regelrecht explodierten.

Rollenverteilung

Augenmerk soll hier auf die Tätigkeit der Banken- und Finanzmarktaufsicht, der Nationalbank, der Finanzprokuratur, aber auch der Geldwäschemeldestelle im Bundeskriminalamt gelegt werden. Untersucht werden soll auch der Kontakt mit ausländischen Behörden und mögliche Einflussnahmen auf straf-, abgaben- oder finanzstrafrechtliche Verfahren.

Auch eine allfällige Mitwirkung des Bundes beim Verkauf an die Bayerische Landesbank ist Untersuchungsgegenstand. Außerdem soll der mögliche finanzielle Schaden für die Republik, "der aus dem möglichen Versagen der Organe des Bundes, insbesondere den zuständigen Bundesbehörden zur Bankenaufsicht und dem Bundesministerium für Finanzen, resultierte", erhoben werden.

Die Rolle der Aufsichtsbehörden wollen die drei Parteien auch im Untersuchungs-Abschnitt zwei ("Phase der öffentlichen Hilfe für die Hypo Group Alpe-Adria" von 2008 bis zur Verstaatlichung 2009) untersucht wissen - genauso wie auch in Abschnitt drei ("Handlungen und Unterlassungen ab der Verstaatlichung" bis Herbst 2014).

Einflussnahmen

Im zweiten Abschnitt sollen etwa die Hintergründe der Gewährung von Partizipationskapital im Jahr 2008 - samt der Frage, ob es direkte oder indirekte Einflussnahmen auf die OeNB, die FMA oder anderer Stellen bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Bank gab - und den Erwerb durch die Republik Österreich im Jahr 2009 und die Feststellung der möglichen Systemrelevanz geklärt werden. Etwaige Verfehlungen österreichischer Organe bei der Verhandlungsvorbereitung und -führung mit den Alteigentümern, also der BayernLB, der Grazer Wechselseitige Versicherung und dem Land Kärnten sind ebenso Thema wie das Zusammenspiel österreichischer, bayerischer und deutscher Politiker und Banker im Zusammenhang mit dem Erwerb.

Die Opposition will auch wissen, ob Alternativen zur Verstaatlichung geprüft wurden. Außerdem verlangt sie Aufklärung über mögliche finanzielle und budgetäre Auswirkungen für die Republik, die durch die öffentliche Hilfe, insbesondere durch den Erwerb der Hypo, entstanden sind.

Verantwortung

Im Teil drei wird die "Untersuchung der Verantwortung der Organe des Bundes für die Verzögerung einer Entscheidung über die weitere Zukunft der Hypo Group Alpe-Adria" verlangt. Es geht um Kontakte mit der EU-Kommission im Zusammenhang mit einem Bescheid der EU-Wettbewerbsbehörde, um Kontakte, Verhandlungen und Entscheidungsprozesse mit Vertretern der BayernLB und des Freistaats Bayern im Zusammenhang mit der Frage der Bewertung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens und sonstiger gerichtlicher Verfahren oder um den Kenntnisstand der Bundesorgane über die Gläubigerstruktur der öffentlich besicherten Anleihen der Hypo.

Die Arbeit der "CSI Hypo" und der "SOKO Hypo" wird ebenfalls Thema, sowie die "mögliche Einflussnahme von Bundesregierung, Bundesministerium für Finanzen, OeNB und FMA auf die Organe der Hypo Group Alpe-Adria und über mögliche Umgehungen der aktienrechtlichen Organe durch das Bundesministerium für Finanzen oder andere Organe des Bundes". Außerdem sollen die insbesondere von der Taskforce und internationalen Beratungsunternehmen analysierten möglichen Szenarien zur Hypo-Abwicklung samt Klärung der dazugehörigen Entscheidungsfindungsprozesse, insbesondere hinsichtlich der beauftragten Organisationen bzw. Personen wie etwa Oliver Wyman und ZEB, untersucht werden.

Schließlich soll es noch Aufklärung zur Entscheidung zur Abwicklungseinheit und den Hypo-Sondergesetzen anstatt einer Insolvenzlösung rund um den 13./14. März 2014 geben, ebenso wie zur Errichtung der Abwicklungseinheit HETA Asset Resolution. Und auch hier sollen mögliche finanzielle und budgetäre Auswirkungen geklärt werden, nämlich jene, "die durch das Verzögern einer Entscheidung über die weitere Vorgehensweise bezüglich der Hypo Group Alpe Adria und die Entscheidung gegen die Insolvenz entstanden sind".