Politik/Inland

Wahlkampf um das flache Land

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl bediente sich eines Sprachbildes aus dem Boxsport, als er am Mittwoch die neuen Sujets für den blauen Hofburg-Kandidaten Norbert Hofer vorstellte: "Die Präsentation der Plakate ist so etwas wie der Gong zur ersten Runde für den Intensivwahlkampf", befand der freiheitliche Kampagnenleiter.

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Der Vergleich mit dem Boxsport war insofern passend als Kickl Hofers Konkurrenten Alexander Van der Bellen gleich einmal verbal attackierte. "Grün und Patriotismus", das hätte ebenso viel miteinander zu tun "wie Erdoğan und Menschenrechte" ätzte der Parteigeneral.
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Kickl spielte damit auf einen der neuen Plakat-Slogans von Van der Bellen an : "Für unser viel geliebtes Österreich". Die Startpositionen für den dritte Hofburg-Wahlkampf sind ab sofort bezogen. Am 2. Oktober wird die Stichwahl wiederholt.

Neue Strategie

Wie legen es die Kandidaten diesmal an? Wie stehen ihre Chancen? Und wer unterstützt wen?

Van der Bellen hatte bei der Stichwahl am 22. Mai geringen Zuspruch im ländlichen Raum erhalten. Dort reüssierte durchwegs Hofer – teils mit enormem Vorsprung. In den Städten sah es meist umgekehrt aus.

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Der grüne Wirtschaftsprofessor und seine Kampagnenmacher versuchen, das Manko zu beheben – mit patriotischen Slogans. Van der Bellen tingelt aber auch durch ländliche Gebiete, zeigt sich auf Kirtagen und Weinfesten und lässt sich mit ÖVP-Granden abbilden – jüngst etwa mit Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll in Grafenegg sowie mit dessen steirischem Pendant, Hermann Schützenhöfer, bei den Schilchertagen in Stainz. Als Wahlempfehlung wollen das die beiden ÖVP-Landeschefs aber nicht verstanden wissen, wird in deren Büros betont. Man habe Van der Bellen zufällig getroffen. In der Steiermark habe Team des Hofburg-Anwärters um ein Foto gebeten, in Niederösterreich seien es Pressefotografen gewesen.

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Das ist nicht überraschend. Die ÖVP-Wähler sind bei der Frage – Hofer oder Van der Bellen? – geteilter Meinung. In der Wählerstromanalyse hat sich gezeigt, dass die Wähler von ÖVP-Kandidat Andreas Khol im ersten Wahlgang bei der Stichwahl je zur Hälfte ins Hofer- bzw. ins Van der Bellen-Lager gewandert sind.

Dass sich die ÖVP nicht deklariert, sei daher sinnvoll, meint der Wahlkampf- und Werbeexperte Stefan A. Sengl, der einst Heinz Fischer zum Sieg verholfen hat: "Ein Teil der ÖVP-Wähler hat eine hohe Europa-Affinität und Vorbehalte gegenüber dem Rechtspopulismus. Dieser Teil fühlt sich bei Van der Bellen wohler. Der andere Teil hat ein Weltbild rechts der Mitte und ist daher eher bei Hofer."

Während die Schwarzen sich nicht festlegen wollen, machen fast alle Roten kein Geheimnis daraus, dass sie für Van der Bellen sind. Die SPÖ hilft sogar organisatorisch im Wahlkampf mit, stellt "Manpower" und Plakatflächen zur Verfügung. "Viele unserer Funktionäre sind bereit, für ihn (Van der Bellen) zu laufen", sagte SPÖ-Chef Christian Kern Anfang August. Van der Bellen kann die Unterstützung gut gebrauchen, denn für ihn ist es schwieriger, seine Wähler vom 22. Mai erneut zu den Urnen zu bringen, hat Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer kürzlich im KURIER erklärt: Zwei von drei Van-der-Bellen-Wähler hätten diesen bei der ersten Stichwahl nicht aus Überzeugung gewählt. Bei Hofer sei das nur bei einem von drei Wählern der Fall gewesen. "Van der Bellen hat also die deutliche größere Last der Mobilisierung, da Wechselwähler deutlich schwieriger zu motivieren sind", erklärt der Meinungsforscher.

Kampf um die Heimat

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Hofer wird den Wahlkampf primär wieder mit jenen klassischen FPÖ-Themen bestreiten, auf die er schon in den ersten Wahlkämpfen erfolgreich gesetzt hat: Sicherheit, Flüchtlinge, Heimat etc. Dass Van der Bellen sich auch heimatlich gibt, missfällt den Blauen naturgemäß. Die FPÖ versteht sich ja als die Heimatpartei.

In der Materialschlacht liegt erstaunlicherweise Van der Bellen vorne: Mithilfe von Spenden kann sein Team 3000 Großflächenplakate affichieren, die Freiheitlichen hingegen "nur" 1700.

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"Macht braucht Kontrolle" – der neue Slogan, mit dem FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer beworben wird, ist alles andere als neu: 1992 war damit ÖVP-Kandidat Thomas Klestil in der Stichwahl gegen SPÖ-Mann Rudolf Streicher erfolgreich.
Im ersten Wahlgang war Streicher noch vor Klestil gelegen (41 Prozent zu 37 Prozent). Der ÖVP-Mann musste im zweiten Anlauf also die Wähler der unterlegenen Kandidaten ansprechen, um zu reüssieren. Es ging also darum, die Anhänger von Heide Schmidt (FPÖ) und Robert Jungk (Grüne) zu mobilisieren. Die Schwarzen analysierten damals, dass diese Wählergruppen eine grundsätzliche Kritik an den Großparteien verband. Sie beurteilten den Umgang mit Macht äußerst kritisch. Mit der "Macht-braucht Kontrolle"-Kampagne gelang es, diese Motive anzusprechen, Klestil obsiegte mit 56,9 Prozent.
Die Blauen sehen sich als Erfinder des Slogans. Sie hätten damit schon in den 1970er-Jahren geworben.

Kommentar: Norbert Hofer - bald als Selbstkontrollorgan?