Politik/Inland

Ein Radio-Duell ohne harte Attacken

Blau gegen Grün. Norbert Hofer gegen Alexander Van der Bellen. Am 22. Mai wird entschieden, wer von den beiden in die Hofburg einziehen wird. Gestern traten der Freiheitliche und der ehemalige Grünen-Chef erstmals zum verbalen Duell im Stichwahlkampf an. In Ö1 waren Hofer und Van der Bellen aufgefordert, Klartext zu reden.

Geredet wurde viel, gestritten aber sehr wenig. „Von einem Streitgespräch war nichts zu bemerken“, urteilt auch OGM-Meinungsforscherin Karin Cvrtila. „Beide waren sehr bemüht, korrekt und nett miteinander umzugehen. Das ist aus meiner Sicht auch die richtige Taktik, zu versuchen, sich in die politische Mitte zu rücken. Beide haben auch versucht, sich als Bundespräsident für alle Österreicher darzustellen.“

Dass die Kandidaten so höflich miteinander umgegangen seien, passe freilich auch zur Plattform. Die Radio-Sendung werde primär von höher Gebildeten, Städtern, Griss-, Khol- und Van der Bellen-Wählern gehört, erläutert die Expertin.

In mehreren Punkten waren die Diskutanten einer Meinung – und lobten teils sogar die Haltung des anderen. Hofer unterstrich etwa einmal mehr, dass er als Bundespräsident ein Gesetz für das umstrittene EU-USA-Freihandelsabkommen TTIP nicht unterzeichnen und Druck für eine Volksabstimmung machen würde. Van der Bellen machte ebenfalls klar: „Ich würde TTIP nicht unterschreiben.“

Die am Mittwoch im Parlament beschlossene Verschärfung des Asylgesetzes (inklusive Notfallsverordnung) missfiel ebenfalls beiden Kandidaten – aus demselben Grund: Weil dadurch Macht vom Parlament an die Regierung abgegeben werde.

Wenig überraschend fanden beide auch, dass ein ausländischer Spitzenpolitiker nicht die Freiheit der Kunst und der Meinung torpedieren dürfe (Causa Böhmermann).

Keine Befehle aus Berlin

Keine Freude hatten die Kandidaten auch mit den ausländischen Kommentaren zur Hofburg-Wahl – etwa mit dem Aufruf von Deutschlands Vizekanzler Sigmar Gabriel, Österreich solle eine politische Allianz für Van der Bellen bilden.

Hofer: „Wir nehmen keine Befehle aus Berlin entgegen.“ Van der Bellen: „Wir brauchen keine Zurufe von außen. Wir geben den Deutschen auch keine Ratschläge, wen sie wählen sollen.“

Hofer betonte auch, die Glückwünsche seitens der rechtsextremen ungarischen Jobbik „freuen mich überhaupt nicht. Mit denen will ich nichts zu tun haben.“ Von der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen distanzierte er sich allerdings nicht. Diese sei eine „erfolgreiche Politikerin“.
Kontrovers diskutiert wurde über die Themen EU, Flüchtlinge und Grenzkontrollen – und ob sie als Bundespräsident die Regierung entlassen würden. Hofer ist etwa für Grenzkontrollen am Brenner, der Tiroler Van der Bellen dagegen („Mir tut das in der Seele weh“).

Der Blaue würde zu „wichtigen EU-Räten“ nach Brüssel fahren, Van der Bellen sicher nicht: „Das sind protokollarische Unsinnigkeiten, wo nichts für Österreich herausspringt.“

Amüsant war, wie Hofer seinen Sinn für Kunst erklärte: „Ich spiele Klavier, ich spiele Gitarre, ich male, ich gehe ins Theater und in die Oper.“ Van der Bellen konterte süffisant: „Ich konnte mal Klavier spielen. Es ist aber nicht die Rolle des Bundespräsidenten, Klavier zu spielen.“

Intellektuell und Kreide

Wer hat am meisten überzeugt? „Es gab einen Gleichstand. Sie waren sich sehr oft einig“, befindet Cvrtila. Als Reibebaum habe primär die Regierung gedient.

Van der Bellen sollte nach Meinung der Expertin allerdings „eine einfachere Sprache verwenden und weniger den Intellektuellen herauskehren“.
Hofer hatte aus Cvrtilas Sicht „Kreide gefressen. Ich bin gespannt, ob das die nächsten Wochen so bleibt.“ Vor dem ersten Wahlgang war der FPÖ-Kandidat ja immer wieder mit schärferen Attacken aufgefallen.