Politik/Inland

Regierungssuche: Ein Patt und seine Verlängerung

„Jetzt redet’s halt noch einmal miteinander!“

Genau so hat es Alexander Van der Bellen zwar nicht formuliert. Aber das war – vereinfacht gesagt – der Sukkus jener knapp sechsminütigen Rede, die der Bundespräsident am Mittwoch in der Hofburg hielt.

Nachdem das Staatsoberhaupt seit Freitag mit allen Chefs der im Parlament vertretenen Parteien vertrauliche Einzel-Gespräche geführt hat, fällte er gestern eine unorthodox anmutende Entscheidung: Anders als bisher, erteilt der Bundespräsident keiner Partei und keinem Parteichef explizit den Auftrag, eine Mehrheit im Parlament bzw. eine Regierungskoalition zu organisieren. Zumindest noch nicht.

Zusammenarbeit

Stattdessen forderte Van der Bellen die drei stimmenstärksten Parteien – also FPÖ, ÖVP und SPÖ – dazu auf, noch einmal persönlich miteinander zu reden und „verlässlich zu klären, welche Zusammenarbeit vorstellbar wäre“.

Begründet wird dieser Schritt vom Staatsoberhaupt so: Die aktuelle Lage sei durchaus „unüblich“ und eine „klassische Pattsituation“: „Es ist vollkommen neu, dass es einen Wahlsieger gibt, mit dem niemand regieren will.“

Nicht unerwähnt ließ der Bundespräsident dabei, dass keine Partei über eine absolute Mehrheit verfügt. Dementsprechend käme keine Regierung oder Parlamentsmehrheit zustande, wenn sich nicht „zwei der drei größeren Parteien“ finden würden.

Bis Ende nächster Woche haben Herbert Kickl (FPÖ), Karl Nehammer (ÖVP) und Andreas Babler (SPÖ) nun Zeit, um einander persönlich zu treffen. Ist diese „Extra-Runde“ erledigt, will der Bundespräsident alle Beteiligten erneut zu sich einladen, um den Ausgang der Gespräche zu erfahren.

Die Öffentlichkeit will die Hofburg informieren, sobald es Neuigkeiten gibt – Selbiges kann allerdings dauern.

Für minimale Dynamik sorgte wenige Stunden nach dem Auftritt des Bundespräsidenten der freiheitliche Parteichef Herbert Kickl.

„Wir haben mit großem Interesse die Stellungnahme des Bundespräsidenten verfolgt“, sagte Kickl. Um nicht ohne Süffisanz zuzusagen, dass er „als Bundesparteiobmann der stimmenstärksten Partei und des klaren Wahlsiegers“ Gespräche mit den Obleuten der zweitplatzierten ÖVP und der drittplatzierten SPÖ koordinieren will.

Die Frage, warum er, Kickl, nicht einfach aus eigenen Stücken das Heft in die Hand genommen und – entsprechend seinem Führungsanspruch – von sich aus zu Gesprächen eingeladen hat, erklärt der Freiheitliche damit, dass man Rücksicht „auf die Usancen im Vorfeld vergangener Regierungsbildungen“ nehmen wollte. Damit sagte Kickl durch die Blume, dass er sich vom Staatsoberhaupt eigentlich erwartet hätte, als Stimmenstärkster mit Koalitionsgesprächen beauftragt zu werden.

Klarheit

Aber zumindest die Frage, wer zu den nun anstehenden Gesprächen einlädt, ist beantwortet. Wie es danach weitergehen kann, bleibt offen.

Alexander Van der Bellen hat die avisierte Extra-Runde ja damit erklärt, dass die Öffentlichkeit „Klarheit“ verdiene. Der Respekt gegenüber den Wählern gebiete es, dass sich alle Parteichefs eindeutig deklarieren. Und zwar in die Richtung, ob „sie ernst meinen, was sie gesagt haben“.

Davon ist auszugehen, mehr noch: Sollte einer der drei Parteichefs seine Position in den nächsten Tagen grundlegend ändern, wäre dies ein maximaler Gesichtsverlust – und das vor wie auch immer gearteten Koalitionsgesprächen.