Politik/Inland

Heinz-Christian Strache im Portrait: Von Knittelfeld bis Ibiza

Heinz-Christian Straches politische Karriere hat ein abruptes Ende gefunden. Ein zwei Jahre altes Video bringt den ohnehin wegen seiner Vergangenheit im rechtsextremen Milieu umstrittenen Vizekanzler in arge Nöte. Denn er hat einer vermeintlichen russischen Millionärin in dem Film etwa dargelegt, wie sie am Rechnungshof vorbei eine Spende an die FPÖ deponieren könnte.

Das in einer Villa auf Straches Lieblingsinsel Ibiza geheim aufgenommene Video kommt für die Freiheitlichen und ihren Frontmann zur Unzeit, eine Woche vor einer EU-Wahl, wo sie erstmals bundesweit beweisen könnten, dass den Blauen auch die Junior-Rolle in der Regierung nicht unbedingt in der Wählergunst schaden muss. Die Umfragen hatten der FPÖ bisher ein passables Ergebnis avisiert, nun könnte just der Parteichef alles zunichte machen.

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Erste Reaktionen legen freilich nahe, dass es die Freiheitlichen mit Durchtauchen versuchen. Funktioniert hat das bei Strache ja schon das ein oder andere Mal, etwa als bekannt wurde, dass Strache als junger Mann an wehrsportübungsähnlichen Waldspielen teilgenommen hatte. Damals war der von seiner Mutter allein groß gezogene Jüngling tief in die rechtsextreme Szene verwurzelt, was wohl auch damit zusammenhing, dass er mit der Tochter des prominenten Neonazis Norbert Burger liiert war. Erst vor wenigen Tagen drohte der Neonazi Gottfried Küssel mit Enthüllungen aus dieser Zeit.

Zahntechniker-Ausbildung

Jung startete Straches steile Karriere in der FPÖ, für die er mit 21 jüngster Bezirksrat in Wien-Landstraße wurde. Nebenbei wurde Strache zum Zahntechniker ausgebildet und auch relativ früh Vater von zwei Kindern mit seiner damaligen Ehefrau, die einer prominenten Wiener Gastronomen-Familie entstammt.

Politisch ging es flott nach oben. Lange vor seinem 30. Geburtstag angelte er sich ein Mandat im Wiener Landtag und galt rasch als Hoffnungsträger der traditionell starken Landesgruppe, deren Chef er seit eineinhalb Jahrzehnten ist. Anfangs noch Fan Jörg Haiders handelte er sich während Schwarz-Blau zu dessen stärksten parteiinternen Kontrahenten. Strache war auch eine der prominentesten Figuren des Knittelfelder Delegiertentreffens, das Susanne Riess aus Partei und Politik trieb, und seine steigende Popularität wohl Anlass für Haider, sich mit dem BZÖ aus der FPÖ zu verabschieden.

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Damit war wohl früher und unter anderen Umständen als von ihm gewünscht die Stunde Straches an der Spitze der Freiheitlichen gekommen, denen er seit 2005, also rund 14 Jahre unumstritten vorsteht. Umgeben von einem treuen Stab um Herbert Kickl, Harald Vilimsky und Norbert Hofer konsolidierte er die Partei sowohl finanziell als auch beim Wähler. Auch immer wieder kehrende Vorwürfe aus der Vergangenheit - etwa sein "Drei Bier"-Gruß - und eine selten faktentreue inhaltliche Ausrichtung stoppten Straches Weg nach oben nicht. Anti-EU- und -Islampolitik erwiesen sich als beständige Wahlkampfschlager.

Der Niedergang der Koalition schwappte ihn in Umfragen zeitweise sogar klar an die Spitze, erst Sebastian Kurz' Kür zum ÖVP-Obmann ließ die Freiheitlichen ein wenig nach unten sacken. Das hatte für Strache, inzwischen mit einer ehemaligen SPÖ-Assistentin verheiratet, mit der er zu Neujahr zum dritten Mal Vater wurde, aber auch seinen Vorteil. Denn der neue ÖVP-Chef scheute sich nicht, Strache und seine Getreuen in die Regierung zu holen.

Image-Wandel

Dass Kurz sich das traute, hatte der FPÖ-Chef aber auch einem eigenen Image-Wandel zu verdanken. Vertrieb Strache früher potenzielle Partner mit rüden Wahlkämpfen und wenig geschmacksicheren Auftritten, etwa mit einem Burschenschafter-Käppchen am Kopf bei der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, gab er sich über die Jahre immer staatsmännischer, sodass 2017 sogar der damalige SPÖ-Chef Christian Kern eine Zusammenarbeit auslotete. Eigentümliche musikalische Darbietungen, die früher jede seine Kampagnen begleiteten, hatte er da schon längst aufgegeben.

In Regierungsfunktion angekommen machte Strache selbst inhaltlich nicht viel, was auch mit seinen schmalen Ressorts öffentlicher Dienst und Sport zusammenhing. Mehr inszenierte er sich als romantischer Ehemann, Papa-Monat-Vater und Hundefreund. Wichtig war ihm zu allererst, dass das türkis-blaue Projekt insgesamt auf Schiene blieb. Kurz, den er früher oft wenig schmeichelhaft behandelt hatte, war plötzlich fast schon sein Freund, man traft sich mitunter sogar privat. Erst als die ÖVP zuletzt ihre Angriffe auf die FPÖ lancierte, zeigte Strache, der in seiner Jugend als Heißsporn galt, Zähne.

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