Grüner Peter Pilz kritisiert Wahlmanipulation für Erdogan
Von Bernhard Ichner
Nachdem 73,3 Prozent der wahlberechtigten Austro-Türken beim Referendum für Erdogans Präsidialsystem gestimmt haben, kritisiert der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz "eine massive Wahlmanipulation in Österreich". Zum einen habe die AKP-Vorfeldorganisation UETD Autobusse mit "Ja-Sagern" vollgestopft und diese zur Stimmabgabe in die Konsulate gekarrt, und auch vor Moscheen soll massive Wahlwerbung betrieben worden sein. Zum anderen seien Erdogan-Gegner durch Bespitzelungen massiv eingeschüchtert worden. Wie mehrere von Pilz publik gemachte Fälle belegen, wurden mutmaßliche Kritiker des türkischen Präsidenten bei der versuchten Einreise in die Türkei verhaftet und von der örtlichen Polizei als "Terroristen" verhört.
Mitschuld an der Situation ist für Pilz ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka, der "das Stasi-ähnliche Netzwerk von AKP-Vorfeldorganisationen, wie der ATIB-Union, UETD und Müsiad" toleriere - und somit "einen türkischen Überwachungsstaat mitten in Österreich". Motiv wäre eine parteipolitische Nähe der ÖVP zu AKP-Organisationen, meint Pilz.
Zudem beschränke sich der Minister darauf, 5000 Euro Verwaltungsstrafe für Doppelstaatsbürger zu fordern, ohne an deren Identifizierung zu arbeiten. "Dabei gäbe es legale Wege zu türkischen Wählerlisten zu kommen", sagt Pilz.
Im Parlament will der Grüne Antworten von Sobotka.
Parlamentarische Anfrage
Ebendort stellte er mit Datum vom 19. April auch eine Anfrage an den Innenminister, die die Rolle des Residenten des türkischen Geheimdienstes MIT an der türkischen Botschaft in Wien erhellen soll.
Unter anderem will Pilz wissen, ob es sich beim MIT-Residenten um den 1. Botschaftssekretär Oguzhan Ersoy handelt - und ob dieser vom österreichischen Verfassungsschutz Informationen über die Gülen-nahen Phönix-Schulen, Kulturvereine und die Zeitung "Zaman" verlangte. (Erdogan macht die Anhänger des Predigers Fethullah Gülen für den Militätputsch im vergangenen Juli verantwortlich).
Sollte sich dieses Verhalten verifizieren lassen, handle es sich eindeutig um Bespitzelung - und damit um einen Missbrauch der diplomatischen Immunität, meint Pilz. Er selbst sei kein Gülen-Anhänger, betont der Grüne - bei der Bewegung handle es sich um "einen bösartigen Zwilling der AKP" - das legitimiere jedoch keine "türkische Selbstjustiz in Österreich".
Foto mit PKK-Chef Öcalan
Seitens der UETD wiederum versucht man zurzeit, Pilz als Terror-Sympathisanten zu diskreditieren. So brachte man ein Foto von Pilz' Facebook-Seite in Umlauf, das den Politiker mit dem mittlerweile in der Türkei zu lebenslanger Haft verurteilten PKK-Boss Abdullah Öcalan zeigt.
Laut Pilz ist das Bild vor fast 20 Jahren entstanden. Grund des Treffens in Damaskus sei ein Info-Gespräch zu Kurden in der EU und in Österreich gewesen, erklärt der Grüne dem KURIER. Dieses sei erst nach Absprache mit der österreichischen Botschaft in Damaskus zustande gekommen - die Pilz danach auch über den Inhalt informierte. Ein weiteres Zusammentreffen mit Öcalan habe es nicht gegeben.