Politik/Inland

Kogler: "Wenn Kurz nicht anruft, rufe ich ihn an"

Nach dem großen Wahlerfolg der Grünen haben sich am gestrigen Dienstag der Bundesvorstand und die Länderspitzen, also Landessprecher, -geschäftsführer und Landesräte, zu einer ersten großen Nachwahlbesprechung getroffen.

Hauptthema: Wie sich die Ökopartei für die anstehenden Sondierungsgespräche mit der ÖVP positionieren will.

Heute informierte Parteichef Werner Kogler über die Ergebnisse und gab sich durchaus selbstbewusst. Er gehe davon aus, dass "der Parteichef der ÖVP" nächste Woche anrufen werden, um einen Termin für Vorgespräche zu Sondierungen aufzunehmen. Sollte Sebastian Kurz das nicht tun, dann werde er, Kogler, zum Hörer greifen - er gehe aber nicht davon aus, dass das notwendig sein werde.

Alle Inhalte anzeigen

Grundsätzlich seien Sondierungen aus seiner Sicht "wichtiger als je zuvor", sagte Kogler, um der Bevölkerung "nicht monatelange Koalitionsverhandlungen zuzumuten, wenn man eh von vornherein weiß, dass das nichts wird".

Vorerst warte er jedoch selbst "mit einer gewissen Spannung" auf den Verlauf eines ersten Gesprächs mit Kurz.

Die Telefonnummern hätten sie übrigens nicht, wie kürzlich berichtet, erst kürzlich ausgetauscht, berichtete der Grünen-Chef - "wir hatten die schon immer voneinander". Man dürfe dem Vorsitzenden der ÖVP und ihm "eine gewisse Vernunftbegabung attestieren", so Kogler - "und ja, manchmal nutzen wir die und telefonieren miteinander".

Alle Inhalte anzeigen

Transparenzgesetz als "Nagelprobe"

Gefragt nach möglichen Koalitionsbedingungen sagte Kogler, davon könne "momentan keine Rede sein, weil wir da noch gar nicht sind". Ungeachtet dessen wiederholte der Grünen-Chef seine Ankündigung des Wahlabends, als erstes im Parlament eine umfassende Neuregelung der Bereiche Transparenz, Parteienfinanzierung und Antikorruption vorzulegen.

Diese Transparenzregeln betrachtet er als " Nagelprobe", hätten diese im Wahlkampf doch alle Listen gefordert. Darum werde er die Initative ergreifen, gemeinsam mit Experten allen im Nationalrat vertretenen Parteien diesbezügliche Vorschläge zu machen. Als größte Lücken der bestehenden Regelung identifizierte Kogler die mangelnden Prüfmöglichkeiten des Rechnungshofes sowie die "fehlenden Sanktionsmöglichkeiten im strafrechtlichen Sinn".

Alle Inhalte anzeigen

Als wahrscheinlichsten Weg zu einem neuen Gesetz skizzierte Kogler eine vorangehende Punktation, also eine Absichtserklärung der Fraktionen, bevor die Regeln in einen konkreten Gesetzestext gegossen werden. Er werde darum "mit allen außer der FPÖ, weil bei denen weiß man nie, wer als nächster in die Kassa greift", das Gespräch suchen.

Rasches Klimaschutzpaket

Weiters werde es rasche Initiativen geben, um die Kinderarmut zurückzudrängen, kündigte Kogler an. Und natürlich würden die Grünen all ihre Kraft darauf verwenden, dass Österreich ein Klimaschutzpaket erhält, "das diesen Namen verdient". Dürfte doch "einiges gelungen sein" im Versuch, die Wahl zur Klimaschutzwahl zu machen.

Auch diesbezüglich würden die Grünen nicht auf Koalitionsverhandlungen warten, sondern im Parlament entsprechende Initiativen ergreifen. Denn vieles sei auch dort schon möglich, meinte Kogler.

Dabei würden sich die Grünen "bei all unserem Handeln und Tun" vom Gedanken an die Millionen Kinder und Jugendlichen der "Fridays for Future" leiten lassen: "wir wollen ihnen in die Augen schauen können".

Öffnung soll fortgesetzt werden

Generell sieht Kogler die Grünen "auf dem Weg zu einer breiten Bewegung, zu einer Bündnispartei, wenn Sie so wollen: zu einer Volkspartei im politologischen Sinn". Bereits die Bundespräsidentschafts-Kampagne Alexander Van der Bellens habe gezeigt, "wie wir Politik betreiben wollen". Dieser Weg der Öffnung der Partei werde nun, wenn auch auf andere Weise, fortgesetzt - nämlich in Richtung Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs).

Diese Öffnung, und da bestehe Einigkeit mit den Länderspitzen, müsse nun vorangetrieben werden. Beim Thema Klimaschutz wären die angesprochenen Wissenschaftler und NGOs "bereits unterwegs und sammeln die Forderungen". Das habe nicht nur alles einen Sinn, sondern auch einen Plan und ein Gesicht. Und dieses Gesicht bzw. der verlängerte Arm dieser Bewegungen im Parlament wären eben die Grünen.

Deshalb sei auch die Rückkehr der Partei in den Nationalrat so wichtig: der Stillstand in der Klimaschutzpolitik sei nämlich auch deshalb "so leicht" vonstatten gegangen, weil die Grünen eben nicht im Nationalrat vertreten gewesen wären. Denn es mache "für alle Regierenden einen Unterschied, ob sie wissen, dass wir da sind, wenn sie das Umweltschutzrad um Jahrzehnte zurückdrehen wollen".

Eco-Tech als Chance

Dabei könne Österreich mit ambitioniertem Klimaschutz "vorbildhaft und beispielgebend für andere europäische Länder sein". Und Europa werde wiederum im globalen Kontext der Bekämpfung der Klimakrise gebraucht. Auf der anderen Seite sei "Eco-Tech", also grüne Technologie, einer der wenigen Bereiche, in dem "Europa noch technologisch voranschreiten" könne. In vielen anderen Bereichen wären China und die USA bereits uneinholbar vorne. Hier könne die Digitalisierung aber noch genutzt werden, "um Vorteile daraus zu ziehen".

Das sei auch der Weg, den die deutschen oder die skandinavischen Grünen einschlagen würden. Darum wolle man sich in Zukunft europäisch noch weiter vernetzen als ohnehin schon - auch, um "im besten Sinne eine Gegenbewegung zu sein", gegen "überbordenden Rechtsextremismus", und für Demokratie.

Zu guter Letzt kündigte Kogler in diesem Sinne auch an, die Rolle des Parlaments stärken zu wollen, sollten die Grünen in den Sondierungen dazu "in die Lage kommen". Dieses müsse auf europäische Standards gebracht werden, meinte der Grünen-Chef, ohne das konkret auszuführen. Lediglich, dass es - "ähnlich wie der Bundestag in Deutschland" - dazu in die Lage versetzt werden solle, "sich selbst helfen zu können".