Gedenkmauer für Shoah-Opfer
Zwanzig Jahre lang hat Kurt Yakov Tutter für eine Gedenkmauer für die 66.000 österreichischen Holocaust-Opfer gekämpft – jetzt ist es soweit: Zeitzeuge Tutter, der in Kanada lebt, erfuhr bei seinem Besuch am Dienstag bei Kanzler Sebastian Kurz, dass die Mauer nun realisiert wird.
Als Standort in Wien wurde der Ostarrichipark zwischen Nationalbank und Universität fixiert. Lange war unklar, wo die Gedenkstätte stehen und wer sie finanzieren soll. Im März – zum 80. Jahrestag des „Anschlusses“ Österreichs an Nazi-Deutschland – kam Bewegung in die Sache: Die Regierung beschloss, die Initiative zu unterstützen. Der Bund sollte die Hälfte der Kosten tragen; veranschlagt wurden vorerst 2,4 Millionen Euro.
Bund will Kosten decken
Der Finanzierungsplan der Initiative sieht vor, dass die Stadt Wien das Projekt mit 200.000 Euro unterstützen wird. Die acht anderen Bundesländer werden je 50.000 Euro beisteuern. Weitere 200.000 Euro konnten bei einem Fundraising-Dinner der Industriellenvereinigung aufgestellt werden.
Das Projekt soll insgesamt zwischen 4,8 und 5,3 Millionen Euro kosten. Die Regierung beschließt heute, Mittwoch, den Beitrag des Bundes auf maximal 4,5 Millionen aufzustocken, damit die Kosten gedeckt werden können. „Der Verein und Herr Tutter mussten viele Jahre vergeblich auf Unterstützung warten“, sagt Kanzler Kurz, der nicht weiter Zeit verlieren will: „Das Projekt soll ab sofort in die Umsetzung gehen.“
Initiator Tutter bedankte sich bei Kurz: „Es freut mich, dass nach so vielen Jahren Überzeugungsarbeit genau im Gedenkjahr der Startschuss für die Realisierung der Namensmauer gegeben wird.“ Bereits seit den späten 1990er-Jahren fordert er einen Erinnerungsort für die 66.000 ermordeten Juden aus Österreich.
Tutter, geboren 1930, floh nach dem „Anschluss“ nach Belgien und nach Kriegsende weiter nach Kanada. Seine Eltern wurden von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet.
Der Vorschlag sieht mehrere zwei Meter hohe Mauern vor, die als Oval im Park angeordnet sind. In den Granit sollen die Namen aller 66.000 Opfer gemeißelt werden. Die Toten sollen keine „anonyme Masse“ sein, sondern als Individuen wahrgenommen werden, so der Gedanke.
Internationale Vorbilder sind etwa die 2005 eröffnete Shoah-Gedenkstätte in Paris, das Nationaldenkmal für die jüdischen Märtyrer Belgiens in Brüssel und das in Amsterdam geplante niederländische Holocaust-Memorial.
Gedenk-Ministerrat
Als Standort war zunächst der Schmerlingplatz zwischen Justizpalast und Parlament im Gespräch. Das wollte aber die Stadt Wien nicht und schlug den Heldenplatz vor, was wiederum die Initiatoren ablehnten. Nun einigte man sich auf den Ostarrichipark, der nicht direkt in der Innenstadt liegt, aber dennoch gut frequentiert wird.
Der heutige Ministerrat steht ganz im Zeichen des Gedenkens an die Holocaust-Opfer; abseits davon wird eine Katastrophenhilfe für Kärnten beschlossen.