Politik/Inland

Gesetz schafft Basis fürs "Freitesten" - viele wichtige Fragen offen

Die Regierung schickt am letzten Tag des Jahres 2020 zu später Stunde das Gesetz zum "Freitesten" aus dem Lockdown auf den Weg. Die Novelle zum Epidemiegesetz und COVID-19-Maßnahmengesetz schafft Ausnahmeregelungen für Personen, von denen lediglich eine geringe epidemiologische Gefahr ausgeht - durch negative Testergebnisse oder eine in den vergangenen drei Monaten durchgemachte Erkrankung.

Die Novelle ermöglicht es, dass Personen mit einem negativen Test und all jene, die in den vergangenen drei Monaten eine Corona Erkrankung durchgemacht haben von Ausgangsbeschränkungen ausgenommen werden.

Ein negatives Testergebnis kann auch als Auflage für das Betreten (und Befahren) von Betriebsstätten und für das Betreten (und Befahren) von bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit bestimmt werden. Analog dazu werden die gleichen Bestimmungen für Veranstaltungen eingeführt.

Wichtige Punkte offen

Die wichtigsten Details bleiben allerdings unklar und müssen erst durch Verordnungen spezifiziert werden. Etwa, warum - wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch in der ZiB2 ankündigte - ein Restaurant-Besuch mit einem sieben Tage alten Testergebnis, der Besuch einer kulturellen Veranstaltung jedoch nur mit einem 48 Stunden alten Test möglich sein soll. 

Weiters unklar: Reicht ein Antigen-Test? In welcher Form muss der Test ausgestellt werden? Reicht die Regelung nur von 18. bis inklusive 24. Jänner oder auch darüber hinaus?

Teilnahme an Testungen bleibt freiwillig

Was wir jetzt wissen: Massentests dürfen künftig auch "zur Ermöglichung des Betretens von Betriebsstätten und des Besuchs von Veranstaltungen" durchgeführt werden. Die Kosten dafür werden vom Bund übernommen.

Über das Ergebnis der Testung werden Bestätigungen - wie auch immer sie aussehen - ausgestellt werden, die zum Nachweis der durchgeführten Testung dient. Die Teilnahme an den Testungen im Rahmen von Screeningprogrammen bleibt freiwillig. Von jenen Menschen, die teilnehmen, dürfen personenbezogene Gesundheitsdaten verarbeitet werden.

Stimmt Opposition überhaupt zu?

Das Gesetz geht bis 3. Jänner in Begutachtung und soll vor Beginn der geplanten Öffnung ab 18. Jänner in Kraft treten. Der genaue parlamentarische Fahrplan steht noch nicht fest. Es sollen jedenfalls noch entsprechende Verordnungen geschrieben werden, in denen die Details wie etwa die Kontrollen geregelt werden. Der Weg dorthin ist ein langer - und führt auch über die Opposition.

SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner hatte Mittwochmittag noch getwittert: Über eine Lockerung des Lockdowns ab 18. Jänner brauche man gar nicht erst zu diskutieren, "wenn die Infektionen in den nächsten zehn Tagen nicht unter 1000 sinken". Dieser Grenzwert - von dem man am Donnerstag mit beinahe 3.000 Neuinfizierten weit entfernt war - beziehe sich darauf, wie lange der Lockdown dauern soll – nicht auf die Frage des Freitestens, meinte ein SPÖ-Sprecher. Hier warte man auf den genauen Gesetzestext.

Verfassungswidrig?

Dieser ist nun in Begutachtung, aber: Stimmen SPÖ, FPÖ und Neos dem Vorhaben des Freitestens im Bundesrat nicht zu, würde sich die Regelung um Wochen verschieben und wäre damit vorerst obsolet. Zudem äußerte Verfassungsrichter Rudolf Müller zuletzt Bedenken, ob das Freitesten mit Antigen-Tests überhaupt verfassungskonform sein kann. Für die Besserstellung Getesteter müsste der Antigen-Test eine dem Lockdown vergleichbare Wirkung haben. Aber er bietet nur eine Momentaufnahme der Viruslast. Daher sei er ungeeignet, die Bewegungsfreiheit für eine ganze Woche sachlich zu rechtfertigen, so Müller.

Nehammer: "Leben wieder hochfahren"

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) appellierte an die Bevölkerung, bei den Tests und bei den Impfungen mitzumachen: "Mit regelmäßigen Tests oder der Impfung werden wir das gesellschaftliche Leben nach dem harten Lockdown wieder hochfahren. Jedem muss klar sein, dass ohne regelmäßige Tests oder einer Impfung kein normales Leben möglich ist."

"Wir schaffen mit dieser Änderung von Epidemiegesetz 1950 und COVID-19-Maßnahmengesetz eine Rechtsgrundlage, die uns ein schrittweises und epidemiologisch besser kontrollierbares Öffnen und Lockern ermöglicht. Unser Ziel ist, dadurch ein rasches Ansteigen der Infektionszahlen nach einem Lockdown zu verhindern. Wichtig ist mir zu betonen, dass die Teilnahme an Testungen jedenfalls freiwillig bleibt", sagte Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne).