Politik/Inland

Winter bleibt – verlieren Hetzer bald ihr Mandat?

Sie solle "noch einmal in sich gehen". Mit diesen Worten hat FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl Susanne Winter erneut aufgefordert, von ihrem Nationalratsmandat zu lassen. Die Blauen haben sie ja aus der Partei ausgeschlossen, weil sie auf Facebook zu einem antisemitischen Posting befunden hat: "Vieles darf ich nicht schreiben, daher freue ich mich um so mehr über mutige, unabhängige Menschen!" Winter sieht keinen Grund, aus dem Parlament zu gehen; sie wird dort bis zur Wahl 2018 als "wilde" Abgeordnete sitzen; monatlich mit 8600 € brutto bedacht.

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Verlieren könnte sie ihr Mandat, wenn sie wegen Wiederbetätigung verurteilt wird. Muss sie wegen ihres Postings mit Konsequenzen rechnen? Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs glaubt das nicht. Das Posting erfülle nicht den Tatbestand der Verhetzung, "weil es keinen Aufruf zur Gewalt gibt". Fällt es unter Wiederbetätigung? Zwar senden Winters Lob und jenes Posting, auf das es sich bezog, "eindeutige Signale in diese Richtung". Aber: "In einer ersten Beurteilung meine ich, dass in der Summe die Schwelle zur ,Betätigung im nationalsozialistischen Sinne‘, wie es im Gesetz heißt, noch nicht überschritten ist."

"Wie ein Neonazi"

Politisch ist die Wertung eindeutig. "Winter spricht wie ein Neonazi", sagt Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes zum KURIER. Begriffe aus dem von ihr gepriesenen Posting wie "Geld-Juden" oder "zionistisch" seien "typisch für den ureigenen neonazistischen Diskurs".

Der Dritte Nationalratspräsident und FPÖ-Vizeklubchef Norbert Hofer verurteilt Winter ob ihres Postings. Zornig sei er, sagt er dem KURIER: "Ich habe mich sehr bemüht, gute Kontakte zu Israel aufzubauen, war in der Knesset, auch in Yad Vashem. Es tut weh, wenn das, was man mühsam aufgebaut hat, beschädigt wird." Für Winter werde es "als Mandatarin" fortan "nicht lustig sein. Sie wird Druck verspüren, eMails bekommen, die nicht angenehm sind."

Wortwählerisch

Als lustig hat FPÖ-Abgeordneter Christian Höbart die Fahrt von Flüchtlingen über das Meer gewertet. Via Facebook höhnte er angesichts eines Videos, das Menschen offenbar auf dem Wasserweg nach Europa zeigt: "Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön ...". Auch zu Hofers Missfallen. Höbart habe das Posting zwar als ironisch qualifiziert und gelöscht, "ich werde aber in der nächsten Klubsitzung das Thema ansprechen", sagt Hofer. "Jeder sollte sich seine Wortwahl gut überlegen. Bei der FPÖ ist das noch heikler. Man soll den einzelnen Menschen anschauen, nicht die Herkunft. Die Mandatare unseres Klubs sollten Vorbild sein, nicht jene, die an den Pranger gestellt werden müssen."

Sollte das strafrechtliche Limit, ab dem ein Abgeordneter das Amt verliert, niedriger sein als zumindest ein Jahr unbedingt? "Ich möchte da keinen Hüftschuss. Es sollte aber kein Denkverbot geben", sagt Hofer. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder möchte jedenfalls darüber reden: "Ob letztlich ein halbes Jahr oder drei Monate eine vernünftige Grenze sind – es ist sinnvoll, darüber zu debattieren."

Derzeit kommt das Mandat abhanden, wenn man wegen Landesverrats, Wahlbetrugs, NS-Wiederbetätigung oder Terror verurteilt worden ist. Grünen-Klubchefin Eva Glawischnig möchte die Liste der Delikte erweitern, wie sie dem KURIER sagt: "Um Verhetzung, Amtsmissbrauch und Korruption. Auch bei einer bedingten Verurteilung sollte das Mandat weg sein."

Winter ist 2009 wegen Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren verurteilt worden – zu einer Geldstrafe von 24.000 € und einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten.