Politik/Inland

Länderfürsten wollen Steuerhoheit

Es ist die größte Geldverteilungs-Maschinerie der Nation: der Finanzausgleich. Alljährlich werden Steuereinnahmen des Bundes in der Höhe von zuletzt 74 Milliarden Euro nach einem komplizierten Verteilungsschlüssel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt.

Nun machen sich Länder und Gemeinden gemeinsam für eine große Reform stark: „Ich würde eine größere Reform des Finanzausgleichs begrüßen“, erklärt Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner, aktuell Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, im KURIER-Gespräch. „Ich spreche mich dafür aus, dass man einen Schritt in Richtung Steuerautonomie der Länder geht.“

Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter hatte vergangene Woche für einen Ausbau der Pflichten der Bundesländer plädiert – „bis hin zu einer weitgehenden Steuerautonomie“.

Körperschaftssteuer

Wallner betont im KURIER-Gespräch, dass es weiter wichtig sei, für einen Ausgleich zwischen reicheren und ärmeren Regionen zu sorgen. Er weise aber zurück, „dass die Länder keine Einnahmenverantwortung übernehmen wollen.“ Bei ihm sei „die Bereitschaft da, für Einnahmen und Ausgaben Verantwortung zu übernehmen“.

Als Beispiel für eine Steuer, für die die Länder künftig verantwortlich sein könnten, nennt er die Körperschaftssteuer: „Hier wäre eine Einnahmenautonomie denkbar. Das wäre ähnlich wie in der Schweiz. Damit könnten die Regionen echte Anreize setzen für Wirtschaft und Beschäftigung.“ Wallner: „Hier wäre ich jederzeit verhandlungsbereit.“

Nicht nur Ländervertreter halten eine Reform der Steuerhoheit für sinnvoll. Ganz Ähnliches hört man auch aus dem Gemeindebund: „Wir können uns durchaus mehr Abgabenautonomie vorstellen“, meint auch Generalsekretär Walter Leiss im KURIER-Gespräch. Gefragt nach einem Beispiel nennt er die Grundsteuer.

Grundsteuer

„Bei der Grundsteuer gab es seit 40 Jahren keine Änderung. Hier sehen wir einen Reformbedarf“, sagt Leiss, der sich eine stärkere Einbindung der Gemeinden wünscht. Die Steuer müsse „die Dynamik der Preisentwicklung einfangen und die unterschiedliche Wertentwicklung der Grundstücke widerspiegeln“. Aktuell kommt der Betrag (621 Millionen 2011) zwar den Gemeinden zugute, allerdings wird die Steuer auf Basis eines Bundesgesetzes eingehoben.

Neben mehr Steuerautonomie pocht Leiss auch auf mehr Geld. „Es werden immer neue Aufgaben auf die Gemeinden verlagert.“ Hier brauche es eine langfristige finanzielle Bedeckung. „Über die Laufzeit des Finanzausgleichs sprechen wir da von einem zusätzlichen dreistelligen Millionenbetrag.“

Angesichts des Reformbedarfs plädieren Leiss wie Wallner für mehr Zeit. Rückenwind für die Forderungen kommt von Bundespräsident Heinz Fischer. Er erklärte am Samstag in der Wiener Zeitung, eine Steuerhoheit für Länder sei denkbar.

Fünf Jahre

Wer in Österreich neue Steuern per Gesetz einführen darf, ist durch das Finanz-Verfassungs- gesetz geregelt. Den Großteil der Steuern kassiert aktuell der Bund. Der verteilt einen Teil an Länder und Gemeinden, die damit Aufgaben wie Spitäler, Lehrer (Länder) oder Kinderbetreuung und Pflege (Gemeinden) finanzieren. Die Aufteilung wird im Finanzausgleichsgesetz geregelt, das derzeit von 2008 bis 2013 gilt.

Milliardenaufteilung

Verteilt wird nach einem komplizierten Berechnungssystem. Zuletzt erhielt der Bund 67,8, die Länder 20,5 und die Gemeinden 11,7 Prozent der „gemeinschaftlichen Bundesabgaben“. Das gilt aber nicht für alle Steuern: Grundsteuer und Kommunalsteuer gehen etwa zu 96 Prozent direkt an die Gemeinden, der Wohnbauförderungsbeitrag kommt zu 80,5 Prozent den Ländern zugute.

2014 läuft der immer auf mehrere Jahre abgeschlossene Finanzausgleich aus – womit das Feilschen und Ringen um Finanzmittel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in die nächste Runde geht. Noch steht der Verhandlungsauftakt nicht fest, eine kolportierte Verlängerung des Finanzausgleichs über 2014 hinaus wird im Finanzministerium aber zurückgewiesen: „Die Verhandlungen zum Finanzausgleich können noch 2013 starten.“

Mit dem Sparpaket 2012 steht nun aber ein neuer Aspekt im Raum: der Stabilitätspakt. Darin verpflichten sich Länder und Gemeinden zur Einschränkung ihrer Ausgaben – damit der Bund 2016 ein Nulldefizit schafft.

„Es gab wiederholt Diskussionen, dass zwar die Einsparziele bis 2016 fixiert wurden, aber die Einnahmenseite 2014 ausläuft“, erzählt Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner. Zwar habe man in Verhandlungen einen Kompromiss gefunden, er plädiert aber: „Es wäre richtig, den Finanzausgleich und den Stabilitätspakt zu harmonisieren.“ Heißt: Den Finanzausgleich bis 2016 laufen zu lassen.

Ungeliebtes Wahljahr

Auch Walter Leiss vom Gemeindebund hält „eine Verlängerung des Finanzausgleichs für sinnvoll“. Leiss: „Wenn es einnahmenseitige Änderungen gibt durch den Finanzausgleich, muss man natürlich auch die Ausgabenseite neu betrachten.“ Und noch ein Argument führt Leiss an: die Wahlen. „Wir haben auf Bundesebene heuer Wahlen, dann muss sich die Bundesregierung konstituieren. Das wird die Verhandlungen zum Finanzausgleich nicht erleichtern.“