Faßmann, "a serious guy" - Besuch in der Central European University
Von Johanna Hager
"This is an unusual class“, beginnt Tim Crane die Vorlesung. Ungewöhnlich ist nicht nur die Klasse, sondern auch die Umstände wie auch der vielen noch unbekannte Gast.
Crane, Professor aus Oxford, steht in einem Hörsaal in Wien-Favoriten. Er spricht mit Gesichtsvisier und Mikrofon. Vor ihm sitzen 40 Studenten aus aller Herren Länder mit Maske im Babyelephanten-Abstand zu einander. Zu Cranes Rechter, Rektor Michael Ignatieff, der gebürtiger Kanadier ist. Am Schirm zugeschalten: 14 Studenten, die in ihren Heimatländern das Semester beginnen, weil sie auf Visas warten.
Sie alle sind Teil der CEU, der Central European University, in Wien. Jener Universität, die von George Soros in Budapest gegründet wurde und im September 2019 nach Wien übersiedelt ist, nachdem die ungarische Regierung ihr die Rechtsgrundlage entzogen hatte. Zur Erinnerung: Die Privatuniversität wurde 1991 gegründet und bietet seither postgraduale Lehrgänge in Sozial- und Geisteswissenschaften sowie Wirtschaftswissenschaften, Umweltwissenschaften, Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft, Network Science und Kognitionswissenschaft an.
Mit diesem Wintersemester nimmt die CEU nun ihren Studienbetrieb als eine der nunmehr 15 heimischen Privatuniversitäten auf. Kostenpunkt zwischen 5.000 (für 2020/2021) und 7.000 Euro in den Folgejahren – 82 Prozent der Studierenden beziehen Stipendien. Nach einem Übergangsjahr mit rein US-akkreditierten Programmen bietet die CEU ab heuer 51 akkreditierte Studiengänge auf Bachelor-, Master- und PhD – Level an. "Neu ist, dass die CEU neben Master- und PhD-Programmen mit Culture, Politics and Society (CPS) und Philosophy, Politics and Economics (PPE) auch Bachelorstudien anbietet. Das war eine Voraussetzung dafür, dass wir als österreichische Privatuni akkreditiert werden können und in Österreich anerkannte Abschlüsse vergeben dürfen und dieser sind wir sehr gerne nachgekommen“, sagt Rektor Ignatieff.
Während in Ungarn nur Angebote verbleiben (z.B. Summer Schools, Fellowships), die nicht mit einem akademischen Grad enden, will die CEU hierzulande von sich reden machen. Jedenfalls, wenn es nach Ignatieff und Bildungsminister Heinz Faßmann geht, der heute den Lehrenden und Lernenden einen Besuch abstattet. Faßmann, der selbst Professor ist und von Igantieff deshalb als „serious guy“ vorgestellt wird, hat einen Wunsch. „Wenn die Schweiz für Banken und Schokolade bekannt ist, so ist es mein Wunsch, dass Österreich auch mit Hilfe der CEU weltweit für Wissenschaft und Forschung bekannter wird.“ Bekannt sei Österreich bereits, wirft Crane ein, der die Einführungsvorlesung in Philosophie hält und „zwar durch Franz Brentano und Karl Popper.“ Und "Ludwig Wittgenstein“, schließt Faßmann an. "Aber Wittgenstein habe ich nie verstanden“, sagt der Bildungsminister. Ein Umstand, den er ändern will – so, wie er die Mittel für die Universitäten gerne aufstocken würde. Doch das komme „dem Bohren harter Bretter“ gleich, zitiert Faßmann den Soziologen Max Weber.