Russland-Sanktionen als Job-Killer?
Von Maria Kern
Die Regierung habe nichts gegen die Sanktionen der EU gegen Russland unternommen. Durch diese Sanktionen sei der "Wirtschaftsstandort Österreich massiv beschädigt" worden, "über 40.000 Arbeitsplätze" seien "verlustig gegangen".
Das tat FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gestern kund, als er seine Russland-Reise thematisierte.
Wie groß sind die Auswirkungen der Sanktionen tatsächlich? Stimmen die Zahlen, die der blaue Vormann ventiliert?
Die Zahl 40.000 ist in einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) aus dem Jahr 2015 angeführt. Damals hatten die Wirtschaftsforscher eine Studie mit dem Titel "Makroökonomische Effekte des Handelskonflikts zwischen der EU und Russland" aus dem Jahr 2014 überarbeitet.
Im Wirtschaftsministerium heißt es dazu: "Der vom WIFO angenommene Verlust von über 40.000 Arbeitsplätzen war nur ein Extremszenario, das in der Realität nicht eingetroffen ist. Die tatsächlichen Auswirkungen sind weit geringer."
Das bestätigt auch Wirtschaftforscher Oliver Fritz, einer der Studienautoren dem KURIER. Der Verlust von 40.000 Arbeitsplätzen sei eine langfristige Prognose, die sich bei Weitem nicht nur auf die Sanktionen beziehe. "Nicht mehr als ein Drittel der Effekte sind auf die Sanktionen zurückzuführen", erläutert Fritz. Das seien kurzfristig rund 5000, längerfristig rund 13.000 Arbeitsplätze.
Wie kommt es zu der Differenz? Der Experte erklärt, dass es in Russland "schon vor den Sanktionen eine Wirtschaftskrise gab". Hinzu kämen zudem noch der niedrigen Erdölpreis und die Rubel-Abwertung. Fritz: "Die Exporte gehen also nicht nur wegen der Sanktionen zurück, sondern weil Russland insgesamt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt."
In der Studie sei außerdem "nicht miteinberechnet", dass heimische Unternehmen, die Einbußen erlitten hätten, versuchen würden, "andere Märkte zu beackern" – um die Verluste "zu kompensieren".
Heinz-Christian Strache ist empört – und zwar darüber, dass sich Polit-Gegner über seinen Wochenendtrip nach Moskau empören, und auch Medien den Polit-Ausflug kritisieren.
Die Kritiker würden mit zweierlei Maß messen, beklagt der FPÖ-Obmann. Schließlich sei doch auch Heinz Fischer zuletzt mit mehreren Ministern im Gefolge nach Russland gereist. Dass bei derlei Reisen keine Verträge mit Vertretern der Putin-Partei "Einiges Russland" geschlossen worden sind, bleibt unerwähnt. Angesprochen wird von Strache hingegen der Rüffel von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, der den "unsensiblen Zeitpunkt" angeprangert und die Reise insgesamt als "grob daneben" tituliert hat. Das wiederum findet Strache "grob daneben".
Kritiker seien Neider
Mitterlehner hatte darauf angespielt, dass der Russland-Besuch just in jener Woche stattfand, in der Aleppo mit russischer Hilfe niedergebombt worden ist. Strache konterte, es herrsche "seit Jahren Krieg in Syrien". Er befindet generell, die Moskau-Reise sei ein "großer außenpolitischer Erfolg gewesen", die Kritiker seien nur Neider.
Den Verdacht, die Putin-Connection könnte finanziell lohnen, wies der Blaue brüsk zurück. Die Frage sei infam, auch andere Politiker würden nicht danach gefragt.
Das hielt Journalisten nicht davon ab, weitere Fragen zu stellen. Etwa, was Strache zu den Aussagen seines Vize Manfred Haimbuchner im KURIER sagt. Dieser hatte ja erklärt, der enge Kontakt der FPÖ zum Front National und zur AfD würde Bürger teils abschrecken: „Übertriebene Freudenbekundungen aus dem Ausland schaden uns. Ob das nun die AfD oder Marine Le Pen sind. Das schreckt so manche ab. Wir müssen hier klar und deutlich sagen, dass wir einen anderen Standpunkt zur EU haben.“
"Zitate korrekt"
Strache gestand ein, dass die Zitate im KURIER "korrekt" widergegeben worden seien, verbiss sich aber darin, dass die Überschrift "falsch" gewesen sei: "Das hat dazu geführt, dass es missverständliche Interpretationen gegeben hat." FPÖ-General Harald Vilimsky hatte sich massiv über Haimbuchners Aussagen echauffiert. Strache betonte erneut, dass es zur Kooperation mit Le Pen & Co Partei-Beschlüsse gebe, die der FP-Chef aus Oberösterreich mitgetragen habe. Dieser stehe zur Kooperation mit Le Pen und AfD. Er habe lediglich "programmatische Unterschiede" aufgezeigt.
Haimbuchner steht freilich zu jedem Wort seiner Kritik am Parteikurs: Er hat sein KURIER-Interview auf seiner Facebook-Seite gepostet.