EU-Wahl: Klimaaktivistin Lena Schilling wird Grüne Spitzenkandidatin
Nach langem Hin und Her, Absagen mehrerer prominenter Namen und einem verschobenen Bundeskongress dürften sich Österreichs Grüne nun darauf geeinigt haben, wer die Partei in die Wahl zum Europäischen Parlament führen soll.
Bundessprecher Werner Kogler hat in einer Pressekonferenz die "Kandidat:in für Spitzenkandidatur" vorgestellt. Es handelt sich um die 23-jährige Klimaaktivistin Lena Schilling.
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Klimaaktivistin und Zeitungskolumnistin
Bekanntheit hat Schilling über "Fridays for Future", den Widerstand gegen den Lobautunnel in Wien und zuletzt auch als Zeitungskolumnistin erlangt. Auch andere Fraktionen hatten sich für sie interessiert, geworden sind es letztlich die Grünen - auch wenn sie diese immer wieder kritisiert hat.
Die designierte Spitzenkandidatin - fixiert wird ihr erster Listenplatz beim Grünen Bundeskongress Ende Februar - kann zwar keine parteipolitische Erfahrung vorweisen, dafür aber große Bekanntheit und einiges Selbstbewusstsein. Selbst in jugendlichem Alter hatte sie keine Scheu, neben Spitzenpolitikern vom Bundespräsidenten abwärts das Wort zu ergreifen. Die Politikwissenschaft-Studentin betätigte sich als Gründerin des Wiener Jugendrates und als Sprecherin der "Initiative Lieferkettengesetz Österreich".
Bereits mit vier Jahren soll Schilling von ihren Eltern, einer Sozialarbeiterin und einem Bankmanager, zu ihrer ersten Demo mitgenommen worden sein - damals für eine bessere Migrationspolitik. In der Schule referierte sie über Rosa Luxemburg, ihre Abschlussarbeit dort schrieb die heutige Vollzeitaktivistin über Frauenproteste in Indien.
Lena Schilling, am 8. Jänner 2001 in Wien geboren als Tochter einer Sozialarbeiterin und eines Risikomanagers in der Bankbranche. Begann ein Studium der Politikwissenschaft in Wien, Umweltaktivistin bei "Fridays for Future" und im Widerstand gegen den Schnellstraßentunnel unter dem Nationalpark Lobau in Wien. Seit dem Vorjahr auch Kolumnistin der Kronen Zeitung.
Kritik auch an den Grünen
Mit den mit der ÖVP koalierenden Grünen, für sie eine "Altpartei", hatte Schilling immer wieder ihre Probleme. "Die Grünen, wie sie sich heute darstellen, vertreten sicherlich andere Werte als wir in der Umweltbewegung", kritisierte sie etwa in einem Interview für Andreas Wabls Buch "Was wurde aus den Grünen?". Viele seien sehr enttäuscht: "Das betrifft nicht nur den Klimaschutz, sondern auch Sozialpolitik und Menschenrechtsfragen."
Generell hätten viele junge Menschen das Vertrauen in das parlamentarische System verloren, klagte sie weiter. Auch ein Buch hat Schilling geschrieben. "Radikale Wende: Weil wir eine Welt zu gewinnen haben", lautet der 2022 erschienene Titel, der mit einem Vorwort von Konstantin Wecker aufwarten kann. Als Grünen-Chef Werner Kogler sich am Samstag an sein erstes TikTok-Video wagte, hielt er wohl nicht zufällig dieses Buch in der Hand. Junge Menschen einbinden und Aktivisten für die Grünen gewinnen - nach diesem Credo hat Kogler schon in der Vergangenheit agiert. Nach dem Video war vielen klar: man hat einander gefunden, die Rückeroberung des Vertrauens kann starten.