EU-Vorsitz: Kurz will als "Brückenbauer" Spannungen beseitigen
Alphörner, Blasmusikkapelle, Schuhplattler: Die Übernahme des EU-Ratsvorsitzes von Bulgarien auf der Planai in Schladming sollte typisch österreichisch erfolgen. Und bürgernahe obendrein. Ein paar Dutzend Besucher, die zum „Gipfel-Picknick“ angereist waren, warteten bereits kurz vor Betriebsbeginn in der Talstation auf die erste Bergfahrt. Ein Andrang fast „wie beim Nightrace“, scherzte ein Mitarbeiter der Planai-Bahnen.
Als Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit dem bulgarischen Ministerpräsidenten Bojko Borissow und EU-Ratspräsident Donald Tusk kurz nach zehn Uhr aus der Gondel stieg, empfingen rund 200 Menschen (laut den Organisatoren nutzten im Laufe des Tages rund 5000 Gäste die gratis Bergfahrt, Anm.) die drei Spitzenpolitiker. Auf Tuchfühlung mit ihnen waren zunächst aber nur die zahlreichen Kamerateams, die Kurz, Borissow und Tusk auf dem kurzen Fußmarsch hinunter zur Schafalm begleiteten. „Der Kurz, der muss sich fühlen wie ein König“, kommentierte eine ältere Dame den Rummel.
Kurz kündigte nach dem Gespräch mit Borissow und Tusk erneut an, Österreich wolle „Brückenbauer“ sein, um die entstandenen „Spannungen“ in der EU wieder abzubauen. Den Schwerpunkt des halbjährigen Ratsvorsitzes wolle man auf das Thema Sicherheit legen. „Wir wollen ein Europa schaffen, das schützt“, bemühte der Kanzler das offizielle Motto. Für Tusk, der Medienvertreter und Schaulustige mit einem „First of all: Grüß Gott!“ begrüßte, hätte Österreich kein besseres Motto für die Ratspräsidentschaft wählen können. Bulgariens Ministerpräsident Borissow übergab den Ratsvorsitz schließlich – in Anlehnung an die laufende Fußball-WM – mit einem EU-Wimpel an Kurz.
Kleiner Protest
Die Idylle am Berg trübten neben den dunklen Wolken am Himmel – auch das Dachsteinmassiv war zum Leidwesen der Fotografen zumeist verhangen – auch einige Aktivisten. Sie protestierten mit Sprechchören und einem Transparent („Gegen ein Europa das tötet“) gegen die aktuelle Asylpolitik.
Der politische Almauftrieb wurde nach dem Symbolakt zum türkisen Alleingang: Im Anschluss an die Pressekonferenz ging es von der Schafalm wieder hinauf zur Bergstation. Mit Ausnahme von Elisabeth Köstinger und Hartwig Löger waren alle ÖVP-Regierungsmitglieder gekommen. Nach ein paar von der Trachtenmusikkapelle kredenzten Schnäpsen standen Heinz Faßmann, Juliane Bogner-Strauß, Margarete Schramböck, Josef Moser, Gernot Blümel und Karoline Edtstadler für Fotowünsche und Smalltalk zur Verfügung.
Kneissl für FPÖ
Während das ÖVP-Team auf „Minister zum Anfassen“ machte, blieben FPÖ-Politiker der Veranstaltung fern. Mit Ausnanhme von Karin Kneissl, die mit ihrem Mann und den beiden Hunden anreiste. Die Abwesenheit von Vizekanzler Heinz-Christian Strache ( FPÖ) fiel insbesondere auf, weil seine „Ankunft auf der Planai“ mit 11.05 Uhr im Programm angekündigt war. Warum Strache es nicht nach Schladming schaffte, erklärte Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal mit „unaufschiebbaren persönlichen Gründen“. Seine Vertretung Kneissl sprach von einer „Familienfeier“.
Der Tag endete so musikalisch wie er begonnen hatte: Statt Blas- war am Abend im Planai-Stadion Popmusik geboten. Beim „Europa-Live“-Konzert traten Die Seer, Opus und Österreichs Song-Contest-Teilnehmer Cesár Sampson auf.