Politik/Inland

Grüne bleiben Umfragekaiser

Die Grünen konnten am Wahltag nur wenig jubeln und sehr viel seufzen: Hatten ihnen doch die Wahlforscher zwischenzeitlich ein Ergebnis jenseits der 15 Prozent zugetraut, ja selbst ein Überholen der Freiheitlichen soll in Reichweite gewesen sein.

Bei der Wahlparty im Wiener Museumsquartier gab es viele lange Gesichter. Als um 17 Uhr die Prognose bei nur 11,5 Prozent lag, verstummte der Saal. Erst als dem BZÖ wenig später bescheinigt wurde, den Wiedereinzug in den Nationalrat zu verpassen, wurde kurz gejubelt.

Wieder blieben die Grünen nur Umfragekaiser, am Ende gab es einen Zuwachs von 1,1 Prozent im Vergleich zum schwachen Ergebnis 2008 (10,4 Prozent). Damals hatten die Grünen erstmals seit ihrer Gründung einen Verlust im Vergleich zur Wahl 2006 von 10.000 Stimmen eingefahren, der Abgang des allseits geschätzten Parteichefs Alexander Van der Bellen war die Folge, Glawischnig übernahm.

„Ein Plus ist ein Plus“, war der Tenor angesichts des Ergebnisses. „Ich bin nicht deprimiert“, versicherte die Abgeordnete Alev Korun.

Tatsächlich ist es das beste Ergebnis der Grünen bei einer Nationalratswahl seit ihrer Gründung. Nur bei der Europawahl anno 2004 hatten sie mit 12,9 Prozent ein deutlich besseres Ergebnis (bei einer deutlich schlechteren Wahlbeteiligung).

Eva Glawischnig, auf die der grüne Wahlkampf wie noch nie auf eine einzelne Person zugespitzt war, blieb dem Treiben im Museumsquartier anfangs fern, bis Redaktionsschluss dieser Aufgabe war sie für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Vertrauensbonus

Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner war bemüht, gute Stimmung zu verbreiten: Das Ergebnis sei eine große Freude, „und es wird besser werden. Traditionell ist es so, dass das Lächeln der Grünen umso größer wird, je länger der Wahlabend dauert“, hoffte er auf bessere Ergebnisse aus den großen Städten. Der Regierung sei mit dem Ergebnis „der Regierungsauftrag entzogen worden“, sagte Wallner, um nur wenige Minuten später zu konkretisieren: „Oder fast entzogen worden.“

Die Grünen hätten flächendeckend dazugewonnen, so Wallner, „das ist ein großer Vertrauensbonus.“

Im Wahlkampf hatten die Grünen vor allem auf ihr Image als Anti-Korruptionspartei gesetzt: „Saubere Umwelt. Saubere Politik“, war das Motto. Sie rühmten sich, als einzige der Parlamentsparteien in keinen Korruptionsskandal verwickelt gewesen zu sein.

Geschadet hat den Grünen vor allem das Antreten der Neos, die vor allem im städtischen Bereich mögliche Zuwächse für die Grünen dämpfte. Aber auch Forderungen wie etwa nach Tempo 80 als Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen dürften geschadet haben. Doch der wirkliche Aufreger und schwere Dämpfer für die Öko-Partei in diesem Bundeswahlkampf war ein sehr regionales Thema: Eine Fußgängerzone in der Wiener Mariahilfer Straße. Die politische Konkurrenz wiederholte immer und immer wieder, welches Chaos die grüne Stadtkoalition hier angerichtet habe. Dabei stand die Wiener Grünen-Chefin Maria Vassilakou am Sonntag gar nicht zur Wahl. Sie muss erst 2015 das starke Wiener Ergebnis (12,4 Prozent im Jahr 2010) verteidigen.

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