Eine von fünf: Gewalt gegen Frauen und Mädchen nimmt zu
Sind Sie Opfer einer Straftat geworden? Informationen, kostenlose Beratung und Unterstützung erhalten Sie bei der Verbrechensopferhilfe WEISSER RING. Telefonberatung unter: 0800 112 112
Wenn Gewalt oder Missbrauch einen Ihrer Angehörigen, Bekannten, eine Schülerin oder einen Schüler betreffen, dann wenden Sie sich an die Beratungsstelle Die möwe. Telefonberatung unter: 01 532 15 15
Wenn Sie als Frau von Gewalt betroffen sind, wenden Sie sich an die Frauenhelpline. Die Beratungs- und Hilfsangebote sind kostenlos und das Team rund um die Uhr erreichbar. Telefonberatung unter: 0800 222 555
Angesichts aktueller Zahlen schlagen Volksanwaltschaft und Frauenhäuser Alarm: Eine von fünf Frauen ist in Österreich jeden Tag sexueller und/oder körperlicher Gewalt ausgesetzt, der Großteil der Gewaltanzeigen betraf Beziehungstaten. Gewalt an Frauen und Kindern müsse ernster genommen werden, es brauche mehr Prävention, forderte Volksanwältin Getrude Brinek bei einer Pressekonferenz am Dienstag.
2017 wurden 34 Frauen ermordet
Im vergangenen Jahr wurden in Österreich nach Angaben des Bundeskriminalamts 77 Frauen Opfer von Mord oder Mordversuch, 34 Frauen wurden ermordet. Angestiegen ist 2017 auch die Zahl der Anzeigen wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs - auf 1.275 Fälle. Laut Kriminalstatistik standen fast zwei Drittel aller 42.079 Anzeigen (62,8 Prozent) wegen Tötung, Körperverletzung, sexueller Übergriffe und Raub in Zusammenhang mit Beziehungstaten.
Brinek: "Studien belegen schwerwiegende Folgen"
"Das Thema hat in den letzten Monaten an Brisanz gewonnen", hielt Brinek fest. "Zahlreiche aktuelle Studien belegen einerseits die schwerwiegenden Folgen für das Leben der von Gewalt Betroffenen, zeigen aber andererseits auch auf, wie wenig Wissen es in der Bevölkerung zu Gewalt an Frauen und Kindern gibt." Kinder müssten häufig bei Gewalttaten zusehen, würden im Nachhinein aber zu wenig versorgt werden.
Auch Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin vom Verein "Autonome Österreichische Frauenhäuser" (AÖF) ortet eine mangelnde Betreuung und Hilfe für Kinder, zumal diese häufig die Verhaltensweisen ihrer Eltern übernehmen würden. Dass geschlagene Kinder selbst gewaltbereiter sind, belege etwa auch eine Studie der kanadischen McGill University.
Gute Gesetze, zu wenig Bewusstsein
Nur jede fünfte Frau wisse, an welche Einrichtungen sie sich im Fall einer Gewalttat wenden könne, kritisierte Brinek. Daher seien Bewusstseins- und Aufklärungskampagnen dringend notwendig. In Österreich gebe es zwar gute Gesetze, diese müssten aber auch "im Sinne des Opferschutzes" angewandt werden, meinte Rösslhumer.
Präventionsmaßnahmen gefordert
Die Forderung nach stärkeren Präventionsmaßnahmen im gesamten Bildungssystem, in Vereinen und auch in Bezirken bzw. Gemeinden fiel einstimmig aus. Außerdem müsse es mehr Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche geben. Einrichtungen zum Opferschutz und zur Männerberatung sollen enger zusammenarbeiten. Wichtig sei auch, dass Gesundheitsfachkräfte gewaltbedingte Verletzungen und Beschwerden als solche erkennen und entsprechend mit den Betroffenen umgehen. Dazu gehöre es, Verletzungen sorgfältig zu dokumentieren und auch eine Vermittlung an weiterführende Einrichtungen.
Als Beitrag zur internationalen Kampagne "16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen" organisieren AÖF und Volksanwaltschaft in Kooperation mit dem Zentrum für Gerichtsmedizin der MedUni Wien ab 26. November wieder die interdisziplinäre Ringvorlesung "Eine von fünf", heuer unter dem Schwerpunkt "Kinder/Jugendliche als (Mit-)Betroffene von häuslicher Gewalt". "Die Ringvorlesung bietet eine erste Anleitung, wie mit und in Gewaltsituationen zu handeln ist", sagte Lehrveranstaltungsleiterin Andrea Berzlanovich.