Politik/Inland

Don’t smoke & Co.: "Eine möglichst elegante Beerdigung"

Als „Begräbnis erster Klasse“ wird die parlamentarische Behandlung von Volksbegehren gerne bezeichnet. Diese Ehre ­– oder wohl eher: dieses Schicksal – blüht nun auch den drei erfolgreichen Bürgerinitiativen des vergangenen Jahres: „Don’t smoke“ (881.569 Unterschriften), Frauenvolksbegehren (481.906 Unterschriften) und „ORF ohne Zwangsgebühren“ (320.239 Unterschriften).

Während das Frauenvolksbegehren bereits im Dezember im zuständigen Gleichbehandlungsausschuss andiskutiert wurde, stehen Nichtraucherschutz und Gebührengegnerschaft am Mittwoch erstmals auf der Tagesordnung des Gesundheits- respektive des Verfassungsausschusses.

Womit für alle drei die zweite Stufe ihrer Beerdigung eingeleitet wäre. Denn die parlamentarische Behandlung von Volksbegehren läuft grundlegend in drei Stufen ab: Einleitung in den Nationalrat, Behandlung im zuständigen Ausschuss und Berichterstattung des Ausschusses ans Plenum. Man könnte auch sagen: Aufbahrung, Messe, Beisetzung.

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Zwar hat sich die Präsidiale des Nationalrats darauf geeinigt, allen Begehren zumindest zwei Ausschuss-Sitzungen exklusiv zu widmen. Demgemäß einigte sich der Gesundheitsausschuss am Mittwoch auch darauf, im Februar und im März zwei öffentliche Experten-Hearings abzuhalten, wobei auch die Erfahrungen aus anderen Ländern miteinfließen sollen. Substanzielle Ergebnisse in Gesetzesform erwartet sich deshalb aber noch lange niemand.

Auch nicht Ärztekammer-Präsident und „Don’t smoke“-Organisator Thomas Szekeres. „Ich erwarte mir nicht wahnsinnig viel, aber es ist zumindest die Möglichkeit, den Parlamentariern Expertenmeinungen näherzubringen und damit hoffentlich in Zukunft zu einem Umdenken zu kommen“, sagt er zum KURIER.

Form und Fristen wahren

Jedoch noch nicht am Mittwoch – dieser Termin des Gesundheitsausschusses dient nämlich nur der Fristenwahrung. Denn nach der Zuweisung eines Volksbegehrens zu einem Ausschuss muss dieser innerhalb von einem Monat tagen. Nach weiteren vier Monaten muss dann dem Plenum des Nationalrats ein Ausschussbericht über die Verhandlungen vorgelegt werden.

Mit diesem Prozedere kennt sich Christian Berger bereits aus. Der Mit-Organisator des Frauenvolksbegehrens absolvierte seinen ersten Ausschuss-Auftritt bereits im Dezember. Ebenfalls zur Fristenwahrung, auch wenn die Vertreterinnen und Vertreter der Initiative bei diesem Termin bereits die Gelegenheit hatten, den Abgeordneten ihr Anliegen zu erklären.

Wie Szekeres erwartet sich auch Berger eine ausführliche Behandlung des Begehrens. Es hätte auch Signale aller Fraktionen gegeben, der Initiative drei Ausschuss-Termine zu widmen, um die Inhalte – auch mit externen Experten – eingehend zu diskutieren.

Hoffen auf Minimalkonsens

Wenn es um konkrete politische Umsetzungen geht, ist aber auch er bescheidener. Man könnte auch sagen: realistischer. „Ich kann mir vorstellen, dass wir bei Themen wie der Mindest-Unterhaltsgarantie oder dem Gewaltschutz einen Minimalkonsens finden werden. Bei allem anderen werden es eher Grundsatzdebatten werden“, meint Berger.

Die einzige Initiative, für die es bereits ernst wird, ist „ORF ohne Zwangsgebühren“. Das Volksbegehren wird bereits am Mittwoch im Verfassungsausschuss inhaltlich debattiert; als Auskunftsperson wird etwa ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz Rede und Antwort stehen.

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Doch trotz deutlicher Sympathien der freiheitlichen Seite der Bundesregierung für die Abschaffung der Rundfunkgebühren, die den ORF zum Großteil finanzieren, wird auch dieses Anliegen keine parlamentarische Mehrheit finden. Nicht zuletzt, weil eine Neuaufstellung des ORF im Regierungsprogramm ohnehin vorgesehen ist.

SPÖ-Mandatar Peter Wittmann, Vorsitzender des Verfassungsausschusses, sieht in der Diskussion über das Volksbegehren dennoch eine „gute Gelegenheit“, sich ein Bild der Medienlandschaft zu machen. Er sei auch „nicht abgeneigt“, einen weiteren Termin mit zusätzlichen Medienexperten abzuhalten.

"Möglichst elegant beerdigen"

Von einer ordentlichen Behandlung der Volksbegehren in den Ausschüssen gefolgt von ihrem parlamentarischen Ende geht auch Peter Filzmaier aus: „Sie werden möglichst elegant unter möglichst geringer Aufmerksamkeit beerdigt werden“, meint der Politologe.

Sprich: Wie im Gesetz vorgesehen werden sowohl die Vertreter der Initiativen als auch externe Experten angehört und deren Argumente diskutiert werden. Damit hat es sich dann aber wohl; es sei denn, man geht von einem plötzlichen Positionswechsel der türkis-blauen Bundesregierung aus.

Deren kollektive Abwesenheit bei der ersten Plenardiskussion über die Volksbegehren im Dezember lässt so etwas jedoch nicht erwarten – womit alles für das Begräbnis erster Klasse bereitsteht. Dass nichts Anderes zu erwarten ist, liegt laut Filzmaier an einem Systemfehler.

Österreichischer Mittelweg

Einerseits wollten die Gründerväter der Zweiten Republik direkte Demokratie ermöglichen, andererseits hatte man nach sieben Jahren Indoktrination durch die Nationalsozialisten Angst davor. Daher entschied man sich für die nach wie vor gültige – in Filzmaiers Worten – „nicht Fisch, nicht Fleisch“-Variante.

Gepaart mit dem restriktiven Klubzwang im Parlament gebe es also nur zwei Möglichkeiten: „Entweder ist die Parteien-Mehrheit dafür oder sie ist dagegen – und dann schubladisiert sie das Volksbegehren“, fasst Filzmaier zusammen.

Der einzige theoretische Ausweg wäre, die Abstimmung über die Volksbegehren freizugeben, also den Klubzwang aufzuheben. Nichts, womit Filzmaier rechnet: „Das ist nicht passiert und das wird nicht passieren“.

Womit alle drei Initiativen im Laufe des ersten Halbjahres 2019 zu Grabe getragen werden. In Filzmaiers Worten: „Warum sollte es diesen Volksbegehren anders gehen als der überwältigenden Mehrheit aller bisherigen?“